Erstes Gespraech

Geplaenkel

TULLIA: Wie reizend, liebstes Bäschen, wie reizend ist es, dass endlich deine Hochzeit mit Caviceus verbrieft und abgemacht ist; denn die Nacht, die dich in seinen Umarmungen zur Frau machen wird, diese Nacht wird dir, glaube mir, die allerhöchste Wonne bringen – wenn anders Venus dich beglückt, wie deine himmlische Schönheit es verdient.


OCTAVIA: Heute früh hat meine Mutter mir gesagt, übermorgen würde sie mich mit Caviceus vermählen. Und wie ich sehe, wird bei uns zu Hause bereits alles mit grösster Sorgfalt gerüstet, was dazu erforderlich ist: das Bett, das Brautgemach usw. Aber dies flösst mir wahrhaftig weniger Freude als Furcht ein; denn was das für eine Wonne sein kann, von der du, geliebte Base, die ich höher halte als alle Wonnen, mir sprichst, das weiss ich nicht, ja, ich kann mir nicht einmal eine Vorstellung davon machen.


TULLIA: Dass du in deinem zarten Alter – du bist ja kaum fünfzehn – davon nichts weisst, ist durchaus kein Wunder, denn ich selber war bei meiner Heirat, obwohl ich damals älter war als du jetzt bist, völlig unwissend in diesen Dingen, die meine Pomponia mir in Aussicht stellte und auf Grund ihrer dreijährigen Erfahrung als etwas Köstliches pries.


OCTAVIA: Ah! dass du von diesen Dingen nichts gewusst hast – erlaube mir, in diesem letzten Augenblick vor dem Verlust meiner Mädchenfreiheit ein wenig freier zu sprechen – das wundert mich wirklich sehr! Denn wenn du sie auch natürlich aus eigener Erfahrung nicht kennen konntest, so hätte doch deine grosse Gelehrsamkeit dir die Zugänge zu diesem Allerheiligsten öffnen müssen. Wie oft höre ich, dass man mit begeistertem Lob deine Kenntnisse bis über die Wolken erhebt und von dir rühmt, du beherrschest die lateinische und griechische Litteratur und fast alle freien Künste so gründlich, dass du anscheinend alles wissest.


TULLIA: Ich danke es hauptsächlich meinem Vater, dass ich nach dem Ruhm strebte, ein gründlich gebildetes junges Mädchen zu sein, während fast alle anderen nur für schön und anmutig gelten wollen. Und man behauptet – denn man schmeichelt ja lieber als dass man die Wahrheit sagt – seine Mühe sei nicht ganz vergeblich gewesen.
[1]

OCTAVIA: Leute, die gewiss nicht schmeicheln wollen, behaupten auch, unsere Mitschwestern, die als gelehrt gelten und darin ihren Ruhm suchen, könnten kaum als züchtig und sittsam angesehen werden.


TULLIA: Wollen sie mir etwa meine Sittsamkeit abstreiten, wenn sie mich als gelehrt anerkennen?


OCTAVIA: Nein doch! Nichts hat dir so die allgemeine Bewunderung gewonnen, wie gerade das, dass deine guten Sitten, deine Keuschheit unter deiner Gelehrsamkeit nicht gelitten haben. Du stehst darum wie ein wahres Wundertier da! Aber wie ist es möglich, dass man die Musen, die doch selber für Jungfrauen gelten, der jungfräulichen Ehre gefährlich glaubt? Sie, die doch gleichsam Fackeln sind, an denen sich die Seelen entzünden, sie, die uns alle, Männer wie Weiber, zu grossem und löblichem Tun entflammen, sie sollen unsere Seelen beflecken? Gewiss missgönnen uns die Männer aus böswilliger und törichter Anmassung jene Schätze, mit denen sie selber prahlen, und haben in solcher Abgunst unseren Verkehr mit den Musen mit ihrem Fluch belegt. Gifte und schädliche Kräuter fliehen die Männer ebenso ängstlich wie wir, die sie das ›schwächere Geschlecht‹ nennen – denn ein Pestkeim, der uns das Leben rauben kann, kann auch ihnen es rauben. Wenn also für uns die gelehrte Bildung ein Gift, ein Pestkeim ist, wie sie verleumderischer Weise behaupten – wie kann denn ein so schlimmes Ding plötzlich völlig seine Natur ändern, sodass es den Männern zum Nutzen ist? Denn dass es ihnen zum Nutzen sei, leugnen sie nicht. Wenn ihrer Eigenart nach die Gelehrsamkeit für uns gleichsam eine Quelle alles Bösen und alles Unheils ist, wie kommt es dann, dass sie, die Männer, aus demselben Born den Nektar unsterblichen Ruhmes trinken – wir aber, wir unglücklichen, elenden Weiblein, eine Art stygischer Flüssigkeit, einen Schwefeltrank, der unser Herz zu jenen Lüsten anreizt, zu denen sie uns durch ihr Machtgebot zwingen oder durch ihr Beispiel verlocken? Ich erinnere mich: so sprachst du dieser Tage, als du mit meinem Caviceus einen Disput hierüber hattest. Wahrlich, du kannst es dir zur Zier. anrechnen, dass du bis auf den heutigen Tag den Ruf der Ehrbarkeit unversehrt bewahrt hast – du, ein Weib, dessen Schönheit auch die Kältesten entflammt, dessen Gelehrsamkeit auch die fesselt, die gegen deine Schönheit unempfindlich sind.
[2]

TULLIA: Ei, wie du zu reden verstehst! Wie du schon weisst, dass die Liebe die Herzen der Menschen entflammt! Du bist nicht mehr so völlig unerfahren, wie ich glaubte!


OCTAVIA: Könnte ich denn so gänzlich unwissend sein, da meines Caviceus Augen, Stirn und ganzes Antlitz so oft zu mir sprachen, auch wenn er selber schwieg? Ja freilich, als er vor acht Tagen sich mir gegenüber etwas frei benahm, da habe ich mich wohl gewundert, wie man zu so stürmischen Küssen sich kann hinreissen lassen. Was aber dieser stürmische Drang, diese Hitze bedeutete, das habe ich nicht recht begriffen.


TULLIA: War deine Mutter nicht zu Hause? Warst du allein? Hattest du gar keine Angst vor ihm?


OCTAVIA: Meine Mutter war ausgegangen. Warum aber hätte ich vor ihm Angst haben sollen? Ganz gewiss hatte ich keine Angst!


TULLIA: Ausser den Küssen verlangte er nichts von dir?


OCTAVIA: Nein; und auch diese hat er mir gegen meinen Willen geraubt, indem er mit seiner glühenden Zunge an meinen Lippenrändern hin- und herfuhr – der Wahnsinnige!


TULLIA: Was für ein Gefühl hattest du dabei?


OCTAVIA: Ich will es nur gestehen: eine bis dahin nie gekannte, unbeschreibliche Glut durchfuhr mich: wie Feuer brannte es mir in allen Gliedern. Ob er wohl glaubte, es sei Schamröte, was mir ins Gesicht stieg? Er hielt einen Augenblick in seinem tollen Treiben inne und zog seine vorwitzige Hand zurück.


TULLIA: Weiter!


OCTAVIA: Ewig werde ich diese räuberischen Hände hassen – so sehr haben sie mich gequält, müde gemacht, in Glut versetzt.


TULLIA: Ein schöner Grund für solchen Hass!


OCTAVIA: Was hatte das zu bedeuten? Er fuhr mir mit der Hand an den Busen, packte erst die eine dann die andere Brust und als erst die eine, dann die andere von seinem Griff hart wurde, presste er seine Finger dagegen, dann warf er mich trotz allem Sträuben rücklings hintenüber.


TULLIA: Du wirst rot. Die Sache ist vor sich gegangen!


OCTAVIA: Seine linke Hand gegen meinen Busen gestemmt – ich erzähle den Hergang, wie er sich zutrug – wurde er mit leichter Mühe aller meiner Widerstandsversuche Herr; mit der[3] Rechten aber griff er mir unter den Rock. Ich schäme mich – ich schäme mich, weiter zu erzählen ...


TULLIA: Lass doch diese lächerliche Schamhaftigkeit; denke, du erzähltest dir selber, was du mir sagst!


OCTAVIA: Bald hatte er den Rock bis über meine Kniee hochgehoben und griff mir an die Schenkel. O, wenn du gesehen hättest, wie seine Augen funkelten!


TULLIA: Wie glücklich warst du in jenem Augenblick!


OCTAVIA: Indem nun seine Hand höher glitt, richtete sie ihren Angriff gegen jene Stelle, die uns, wie man sagt, von dem anderen Geschlecht unterscheidet und aus welcher mir, jetzt seit einem Jahre, allmonatlich einige Tage lang eine Menge Blut zu rinnen pflegt.


TULLIA: Bravo, Caviceus! Hahaha!


OCTAVIA: O der schlechte Mensch! ›Dieses Plätzchen‹, rief er, ›wird mich bald mit der höchsten Wonne beseligen. Bitte, lass mich gewähren, meine Octavia!‹ Ich wäre bei diesen Worten beinahe in Ohnmacht gefallen.


TULLIA: Nun, und was machte er dann?


OCTAVIA: Du wirst es kaum glauben – aber ich habe an jener Stelle nur eine ganz ganz schmale Ritze.


TULLIA: Aber eine heisse, eine feurige!


OCTAVIA: In diese Ritze steckte er seinen Finger, und da die betreffende Stelle sehr empfindlich ist, so verursachte er mir damit einen heftigen, brennenden Schmerz. Er aber rief: ›Ich habe eine Jungfrau!‹ und mit diesen Worten bog er mir geschwind die Schenkel auseinander, obwohl ich sie mit aller Kraft zusammenpresste, und warf sich auf mich, während ich auf dem Rücken lag.


TULLIA: Du schweigst plötzlich? Hat er blos seinen Finger da hineingesteckt?


OCTAVIA: Wie könnte ich wohl so schamlos sein, hiervon noch weiter zu erzählen!


TULLIA: Oh! Auch ich, auf die du doch so grosse Stücke hältst, habe das durchgemacht. Niemand ist kecker als ein Verlobter, den jede Verzögerung, bis er die Blume seiner Braut gepflückt hat, geradezu ausser sich bringt.


OCTAVIA: Bald fühlte ich zwischen meinen Beinen etwas Schweres, Hartes, Heisses. Er drang mit Gewalt auf mich ein; mit einem heftigen Stoss suchte er jenes Harte in meinen Leib und in die[4] Ritze hineinzupressen. Ich aber nahm alle meine Kräfte zusammen, warf mich auf die Seite, brachte meine linke Hand zwischen ihn und mich und legte sie schützend auf die Stelle, um die ein so wilder Kampf gekämpft wurde.


TULLIA: Konntest du mit einer Hand eine so gewaltige Kriegsmaschine zur Seite lenken?


OCTAVIA: Ja, es gelang mir. ›Nichtswürdiger‹, rief ich, ›was quälst du mich so furchtbar? Verzeih, aber wenn du mich liebst, so sage mir, was habe ich getan, dass ich solche Strafe verdiene?‹ Und Tränen entströmten meinen Augen. Aber dabei war mein Geist in solcher Verwirrung, dass ich nicht einmal wagte, den Mund aufzutun oder um Hülfe zu schreien.


TULLIA: Hat dich denn Caviceus nicht mit seiner Lanze durchbohrt und deine Verschanzung durchbrochen?


OCTAVIA: Ich streckte meine Hand aus, packte sie und lenkte sie zur Seite. Aber o Greuel! Sofort fühlte ich mich von einem glühendheissen Regen überströmt, der mich ganz durchnässte, da ich bis zum Gürtel nackt war. Ich streckte abermals die Hand aus; als ich aber in den Saft fasste, womit der wilde Mensch mich besprengt hatte und der sich klebrig anfühlte, da wich voll Angst und Abscheu meine Hand zurück.


TULLIA: So ist also weder ihm noch dir der Sieg geblieben; denn es hat nicht viel gefehlt, so hätte er einen vollständigen Sieg davongetragen.


OCTAVIA: Seit jenem Tage erscheint Caviceus mir viel angenehmer. Und von einer seltsamen, ohnmächtigen Begier brennt mir die Seele. Was ich begehre, weiss ich nicht und vermag es nicht zu sagen. Nur soviel weiss ich, dass von allen Sterblichen Caviceus mir bei weitem am besten gefällt; von ihm allein erwarte ich mir die höchste Wonne, die ich mir nicht vorstellen kann, da ich nicht weiss, was und wie sie sein wird. Ich wünsche nichts und doch sehne ich mich nach etwas.


TULLIA: Gut, dass du mich hast, die in diesen Irrgängen deiner Gedanken dir als rätsellösender Oedipus dienen kann. Die Verse, die der Lehrmeister und Dolmetsch der Liebeskunst, Ovidius Naso, auf Biblis schrieb,1 passen sicherlich geradezu köstlich auf deinen Fall:


[5] Anfangs begreift sie nichts von diesen verzehrenden Gluten,

Glaubt nichts böses zu tun, da sie stürmisch die Küsse erwidert –

Denn sie kennt sich selber noch nicht; in der Unschuld der Sinne

Keimt kein Wunsch noch empor, obgleich in Flammen sie lodert.

Dennoch huscht im Wachen sogar eine lüsterne Hoffnung

Manchmal ihr durch den Geist; und tuht sie in friedlichem Schlummer

Ach, da sieht sie gar oft den Geliebten – und brünftig umschlingen

Ihre Glieder des Bruders Leib. Sie errötet im Schlafe;

Aber ist sie erwacht, dann sinnt sie schweigend dem Traum nach,

Der ihr die Ruhe gestört, und ruft mit zagendem Her zen:

»Ach, ich Arme! Was wollen die Bilder der schweigenden Nacht mir?

Möchten sie nie verwirklichen sich! Wie träum' ich nur solches?«


Man schämt sich des Traums – und doch liebt man ihn. Und während die Seele spielend an dem Bilde der Lust sich ergötzt, vergehen die Sinne, in höchster Wonne schmelzend. Du errötest? Das ist mir ein Geständnis und mir ist, als sagtest du mir:


Wenn nur im Wachen ich nicht in solche Versuchungen falle,

Nun, dann möge recht oft ein solcher Traum mir erscheinen!

Ohne Zeugen naht sich der Traum, doch nicht ohne Wonnen.

O du Göttin der Liebe und du, geflügelter Knabe –

Welche Wonne ward mir zuteil! Wie drang mir die Wollust

Tief in die Seele hinein und tief in das Mark meiner Glieder!

Süss ist es, dran zu denken – doch ach, wie kurz war die Freude?

Neidisch eilte die Nacht hinweg und kürzte mein Glück mir!


OCTAVIA: Ich will es nicht leugnen: Tag und Nacht steht mir Caviceus vor Augen und meinen Geist beschäftigt ganz und gar die Hoffnung auf eine unaussprechliche Wonne. Und wahrhaftig, oft habe ich meinem Caviceus eine ähnliche Gelegenheit gewünscht, wie ich an jenem Tage in meiner Unbeholfenheit und Unerfahrenheit sie leider ungenutzt gelassen habe.


TULLIA: Was würdest du dann tun?


OCTAVIA: Das kannst du dir selber sagen. Ich wüsste dann schon besser Bescheid und er wäre glücklicher. Ich hatte mich noch nicht beruhigt, hatte kaum mein Kleid wieder heruntergelassen und er hatte kaum das Hemde wieder hineingestopft, das aus seinem Hosenlatz heraushing – da kam meine Mutter zurück.


TULLIA: Du Arme! Ich kenne ja ihre Sittenstrenge!


OCTAVIA: Sie hat jedoch weder zu mir noch zu Caviceus etwas Unangenehmes gesagt. Sie fragte lächelnd, was wir denn mit einander sprächen? wer von uns beiden am verliebtesten wäre? ›Denn[6] wer von euch am meisten Liebe verdient‹, sagte sie, ›danach frage ich nicht: das bist du, Caviceus, und dagegen wirst du, Octavia, denke ich, nichts einzuwenden haben. Doch möchte ich wohl, da ja Hymens Bande euch bald vereinen werden – und wie ich hoffe, zu Glück und Segen – dass du, Caviceus, meine Octavia, die ja auch die deine ist, nicht nach ihrer geringen Würdigkeit, sondern so liebst, wie dein edles Herz es dir eingeben wird. In solchem Herzensbunde werdet ihr beide glückseligste Jahre verbringen.‹


TULLIA: Aber wie wurde es denn, als Caviceus fortgegangen war?


OCTAVIA: Sie begann mich auszufragen, was mit uns beiden los wäre. Denn dass etwas vorgefallen sei, hätte sie mit eigenen Augen uns angesehen. Ich wollte mich entschuldigen; meine Mutter aber drängte mich, ich möchte die Wahrheit gestehen. Da klagte ich ihr denn, er habe mir beinahe Gewalt angetan; was er von mir gewollt und begehrt habe, das wisse ich nicht; so viel mir indessen bewusst sei, habe ich einen Fehltritt nicht begangen. – Sie fragte weiter und wollte wissen, ob er mir einen Schaden an meinem Leibe getan. Ich sagte: nein. Hierauf ermahnte sie mich, ich sollte mich ja vor ihm in Acht nehmen; und wenn ich auf ihren Rat nicht hören wollte, so drohte sie mir mit schlimmen Folgen: ›denn sieh mal‹, sprach sie, ›nur wenige Tage noch und du bist mit ihm vermählt, liebes Kind! Aber verlass dich drauf, wenn er vorher die letzte Gunstbezeugung von dir erlangt, so wird er dich entweder auf immer verlassen, oder er wird, wenn ihm am Ruf eines beständigen Mannes gelegen ist und er daher sein Wort hält, dich im Grunde seiner Seele verachten. Von diesen beiden Möglichkeiten ist die eine ebenso traurig wie die andere, und eine Tochter aus gutem Hause darf sich keinesfalls ruhig in solches Geschick ergeben, sie muss sogar den Tod vorziehen.‹ Seit jenem Tage wachte meine Mutter über mir mit unruhiger Sorge, sodass Caviceus mich niemals wieder allein gefunden hat; auch hat er kein Wort unter vier Augen mehr mit mir gesprochen.


TULLIA: Das ist gewiss und diese Wahrheit ist auch dem weisen Stagyriten nicht entgangen: Wenn ein ganz junger Mensch – wie Caviceus es ja ist – den ersehnten Leib einmal in unumschränktem Besitz gehabt hat, so hasst er, kaum dass das Werk vollbracht ist, meistens dieselbe, nach der er sich vorher in wahnsinniger Liebe verzehrte. Ich freue mich aber deiner Offenheit, Octavia, und will zum[7] Dank dafür ebenso offen gegen dich sein, damit du nicht den geringsten Zweifel an mir hegest: deine Mutter hat mich selber gebeten, dir die intimsten Geheimnisse des Ehebettes zu enthüllen, dich zu belehren, wie du dich gegen deinen Gatten benehmen musst, ferner wie dein Mann sein wird, und dich überhaupt über jene Sächelchen aufzuklären, über die die Männer so sehr in Feuer und Flamme geraten. Damit ich dich über dies alles recht unumwunden belehren kann, so werden wir heute nacht zusammen in meinem Bette schlafen. Möchte ich von diesem sagen können, es sei die süsseste Stechbahn der Venus gewesen! Später wirst du einen besseren Bettgenossen haben, als ich dir Bettgenossin sein konnte.


OCTAVIA: Du machst dich über mich lustig, liebste Tullia! Unterlasse bitte solche Bemerkungen. Sie beeinträchtigen meine Liebe zu dir in einer Weise, dass du es nicht würdest ertragen können, wenn du mich wirklich aus Herzensgrunde liebtest!


Fußnoten

1 Metamorphosen, Buch IX, Vers 456 ff.


Quelle:
Meursius: Gespräche der Aloisia Sigaea. Leipzig 1903, S. 9.
Lizenz:

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