4.

[180] Die Flut ist nun verbrandet,

Der Sturm ist nun verdröhnt –

Ich aber bin gelandet,

Wo Liebe still versöhnt!

Wo Liebe leise atmet

Und mir den Kummer ebbt,[180]

Den ich durch Staub und Schlachtendampf

Tagüber mitgeschleppt.


Es hat die Wunderaugen

Die Nacht erschlossen weit,

Und meine Blicke saugen

Sich in die Ewigkeit.

Mir ist, als hört' ich schlagen

In mir das Herz der Welt,

Als wär' ich, ird'scher Grenzen bar,

Dem Ew'gen zugesellt ...


Wie dünkt mich Menschentrachten

So zwerghaft nun und klein!

Ein großes Weltverachten

Zieht in die Brust mir ein!

Am Schild des Schrankenlosen

Zerbröckelt, was bedingt!

Was mich im Tagesschwall bewegt,

Zerfällt nun und versinkt!


Die Flut ist nun verbrandet,

Der Sturm ist nun verdröhnt,

Ich aber bin gelandet,

Wo Liebe still versöhnt!

In goldner Flut entquillt sie

Dem Universums-Kern,

Und ihren Schleier spannt sie aus

Durch mich von Stern zu Stern!

Quelle:
Hermann Conradi: Gesammelte Schriften, Band 1: Lebensbeschreibung, Gedichte und Aphorismen, München und Leipzig 1911, S. 180-181.
Lizenz:
Kategorien: