8. Abschied

[168] Nun ist die Stunde kommen,

Da ich von hinnen muß ...

O Mutter, liebe Mutter, gib

Mir nun den Abschiedskuß!

Ich weiß, du läßt mit Bangen

Mich meine Straße ziehn –

Und doch ein wild Verlangen

Nimmt mich so ganz gefangen,

Will mir die Brust verglühn ...


O Mutter, liebe Mutter,

Laß nur das Weinen dein! ...

Du warst so treu, du warst so gut –

So wird's nie wieder sein ...[168]

Doch laß mich still gewähren.

Mein Herz ist stark und rein –

Und trockne deine Zähren,

Dein Schmerz wird sich verklären –

Dein Gott wird mit dir sein! ...

Quelle:
Hermann Conradi: Gesammelte Schriften, Band 1: Lebensbeschreibung, Gedichte und Aphorismen, München und Leipzig 1911, S. 168-169.
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