Nachricht an das Publikum.

Ich würde in einem kleinen Vorbericht meinen Lesern eine ziemliche Sammlung Mignatürgemählde von allen mir bekannten Narren hingeben die bei meinen bisher erschienenen [3] Charlatanerien eben so grinsende Phisionomien machen wie der Affe wenn er Schläge bekömmt und welcher immer poßierlich ist er mag nun Aepffel und Bonbons essen – oder nach dem Tackt seine unwillige Sprünge machen um das Publikum zu belustigen, und seinem Eigenthümer, der ihn tanzen läßt, einen ehrlichen Unterhalt zu verschaffen. Aber die Façons dieser komisch grämlichen Thiere die unter der Peitsche Courbetten machen – und mit einer krausen Nase die Zähne weisen wenn sie nicht beißen oder kratzen können; sind zu mannigfaltig um ihre[4] Originalportraits in einem so kleinen Raum einzufassen. Aus diesem Grunde muß ich schon auf ein paar besondere öffentliche Anstalten dencken; in welchen aus wahrer patriotischer Pflicht für das Heil aller Narren die kräftigste Sorgfalt getragen werden soll. Nach dem Beyspiel aller frommen Leute, die von grauen Zeiten her den Zehnten ihrer Erndte oder übrigen Gewinstes ad pios usus anwandten, um sich dadurch zu fernern Seegen zu berechtigen; will ich ein volles drittheil des Ertrages aus diesen Charlatane rien zu dem christlichen Behuff anlegen ein [5] Narrenhospital aufzurichten, worinn durch diensame Mittel der Versuch gemacht werden soll; die Krankheiten des Verstandes zu kuriren. Nach einer möglichst richtigen Beobachtung, liegt der Fehler bey diesen armen Patienten im Magen, dessen Ausdünstungen in Ermanglung gehöriger Verdauungskraft das bischen Gehirn umnebeln was sie allenfals noch von den Siefmütterlichen Händen der Natur zur kärglichen Appanage erhalten haben mögen. Bey Leuten die gut essen und trinken und sich in dieser Welt auch zu nichts weiter geschaffen fühlen,[6] ist das auch gar nicht zu verwundern wenn sie von Blähungen, Vapeurs, und daher rührenden anderweiten Infirmiteten Leibes und der Seelen, bis zum närrisch werden inkommodirt sind. Diesen zum besten, will ich nach geschloßenen Charlatanerien, einige Päckchens Stomachalien zur Beförderung der gesunden Verdauung, dem Publikum preis geben.

Wenn diese Kur in meinem zu errichtenden Narrenhospital geendigt ist – und meine Patienten sind nicht besser geworden; so bleibt mir nichts übrig[7] als sie ins Zuchthaus zu senden, und solche den Meister Sirach zum mäßigen Willkommen und Abschied zu empfehlen, ihre Portraits aber mit Jouvenalischen Pinsel gezeichnet, zum Andenken für die Nachwelt, in einem dazu besonders bestimmten Narrensaal mit allen Förmlichkeiten aufzuhencken und ihre Carikaturmasken vor die Entreegebühr männiglich sehen zu laßen.

Dis sind zwey Schriften welche ich hiermit dem Publikum ankündige und welche diesen Charlatanerien unmittelbar folgen werden.[8]

Die Freunde meiner Schriften welche auf jede neue Erscheinung aufmerksam sind, werden sobald ein Stück die Presse verlaßen wird, jedesmahl so gleich durch die Zeitungen benachrichtiget werden.

Uebrigens wünsche ich von ganzem Herzen diesem dritten Abschnitt meiner Charlatanerien – keine Anfechtungen, damit das Register derer welchen ich einen Platz in meinem Narrensaal zugedacht habe nicht gar zu groß werde. Der liebe Gott weiß! daß die Zahl derer denen ich[9] meine Züchtigung unmöglich schenken kann, schon so angewachsen ist; daß ich zu thun haben werde vor meinem seeligen Ende noch alle zu expediren.


Der Verfasser.

Quelle:
[Cranz, August Friedrich]: Charlatanerien in alphabetischer Ordnung als Beyträge zur Abbildung und zu den Meynungen des Jahrhunderts, 1–4, Berlin: 41781, 21781, 1781, 1781 [Nachdruck Dortmund 1978], S. 3-10,97-98.
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