[Die Welt kann sich durch Liebe nur erhellen]

[37] Die Welt kann sich durch Liebe nur erhellen,

Da treu ein Stern des andern Leben hegt,

Ein Weltlichtherz entschnellt nur Schwesterwellen,

Das Lebenslicht, das Liebe trägt und wägt.


So malt die Sonne bunte Frühlingsranken,

Aus Fels und Schlucht, Entwürfe voll von Kraft;

Ihr Mittag bringt des Lebens Vollgedanken,

Aus denen sie die Thatgeburten schafft.


Gedanken, die durch starre Felsen dringen,

Erschöpfen jedes Sein aus Stein und Licht,

Denn bloß notwendige Sonnideen zwingen

Zur Lebenslogik, der die Form entspricht.


Ein Taggeschöpf muß sich zur Sonne kehren,

Der Mensch zumal, denn wir sind glaubensbang;

Mein Innerlicht, dir hehl ich kein Begehren,

Gieb mir ein Weib, mein, rein und seelenschlank.
[37]

In deiner Schönheit, Weib, bringst du die Schäume

Der Seelenfluth dem Schöpferkusse dar,

Aus deiner Schlankheit sprudeln weiße Träume

Und Jugendgold verklärt dich wunderbar.

Quelle:
Theodor Däubler: Das Nordlicht. Teil 1, München; Leipzig 1910, S. 37-38.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Das Nordlicht (Florentiner Ausgabe)
Theodor Däubler - Kritische Ausgabe / Das Nordlicht