Lebensanker

[21] Nur Eines kann mich halten noch im Leben

Und kann die dunkle Stunde weiter schieben:

Ein schrankenloses, weltvergeßnes Lieben

Und Gegenliebe heischendes Bestreben.


Denn Jeder, der das Dasein will ertragen,

Muß sich auf irgend eine Art berauschen,

Um nicht verzweifelnd und entsetzt zu lauschen

Der armen Erde wehevollem Klagen.


Dem Einen wird im scharfen, reinsten Denken

Des Sonderdaseins seliges Vergessen,

Ein Andrer muß den Schmerz in Wein ertränken,


Ich aber muß ein trautes Weib umpressen,

In heißer Liebe ihm die Seele schenken,

Wenn nicht, – so eines Abgrunds Tiefe messen.

Quelle:
Felix Dörmann: Neurotica, München und Leipzig 1914, S. 21-22.
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