Auff Sr. Churfl. Durchl. hochheiliges Symbolum

[172] Domine, fac me scire vias tuas.

Herr der liechten Seraphinen!

Dem die Cronen aller Welt,

Alle Scepter müssen dienen,

Deiner starcken Helden Held!

Gnädig, Ewig, prächtig,

Allweiß, heilig, mächtig,

Der Ihm stracks zu einem Heer

Auffbringt Himmel, Erd' und Meer!


Was ich hab an Macht auff Erden,

Gott, ist deine Gnad allein,

Denn du lässest deiner Herden

Mich nur einen Hirten seyn,

Laß mich bester massen

Sie in Auffsicht fassen,

Und in stets genawe Hutt

Eines jeden Gutt und Blutt.


Thue mir kundt den Weg für allen,

Den ich allzeit wandlen sol,

Laß mein Leben dir gefallen,

Mach mich deines Geistes voll,

Leucht' in meinem Hertzen

Durch der Weißheit Kertzen,

Denn ohn deines Wordtes Licht

Find ich deinen Richt-steig nicht.


Sathan suchet mich zu blenden,

Meinen Sinn, Verstandt und Wahn

Einig von dir abzuwenden,

Daß ich fehle deiner Bahn,

Mich in mich verwirre,

Und gefährlich irre,

Wie ein Schiff, das weder Raht,

Noch Compas, noch Ruder hat,


Hie legt Zorn mir tausend Netze

Da Gewalt und Eigen-Sinn,

Der ihm selber stelt Gesetze,

Und wirfft deine Satzung hin;

Da wil Wollust leiten

Mich auff böse Seiten;

Und was tückisch auff mich hält,

Ist vorauß die böse Welt.


Aller Weg geht in die Helle,

Den Gefahr und Todt bewacht:

Sey mein trewer Spieß-Geselle,

Führ mich durch die finstre Nacht,

Laß mich nichts bewegen

Weder Sturm, noch Regen,

Sey mein Leit-Stern, sey mein Gang,

Meiner Schritt und Tritte Zwang.


Jesu! der du mich wol kennest,

Und dich selbst in deinem Wort

Warheit, Weg und Leben nennest,

Hilff mir armen Pilgrim fort,

Mach mein gantzes Leben

Deinem Wandel eben,

Daß ich bleibe für und für

In dem rechten Wege, dir.


Laß mich seyn, wie du, bescheiden,

Heilig, fromm, gerecht und still,

Freudig Noht und Todt zu leiden,

Wollen was dein Vater will,

Daß mein Untersassen

Mich zum Spiegel fassen,

Und ich sie lieb alß selbst mich,

Und für Erd und Himmel Dich.
[172]

Daß man mich in dir stets spüre

Und ich meist ein Hertzog sey,

Der durch dich zum Leben führe

Die du trawest meiner Trew,

Und mir jenes Leben

Zeugnüß könne geben,

Daß ein Unglimpff meiner Hand

Keinen deines Volcks entwand.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 172-173.
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