Bey unverhofft- und höchsterfrewlicher Ankunfft Sr. Churfl. Durchl. in Dero Hertzogthumb Preussen und Residentz Königsberg

[178] 13. Horn. 1645.


Hieher gehn nur unsre Schmertzen

Wegen Dein, Du Helden Rhum,

Churfürst, dieß dein Hertzogthum

Lieget Gott zu tieff im Hertzen,

Als daß Du, O Sonnen-Schein,

Länger köntest von uns seyn.


Zwar was Du Dir vorgenommen

Muß durchauß von statten gehn,

Denn was mag Dir wiederstehn?

Doch daß Du jetzt zu uns kommen,

Gönnest Preussen Dein Gesicht,

Ist ohn Gottes Antrieb nicht.
[178]

Unsre Noht, Du Himmels-Segen,

Unser Angstgeschrey und Qual

Ist in gar zu grosser Zahl

Vor des Höchsten Thron gelegen,

Biß Dich seyn verborgner Raht

Auff zu seyn gereitzet hat.


Nun, Du kömpst, doch unempfangen,

Weil das müde Königsbergk

Rhut von seinem Tagewerck,

Und schon Luna auff ist gangen,

Die Dich von der Himmels-bahn

Sieht für ihren Bruder an.


Sie wil Dir sich heller zieren,

Thut der Wolcken Zelt bey Seit,

Giebt der Nacht ihr blawes Kleid,

Heisst die Sternen Täntze führen,

Und des runden Himmels Dach

Klar seyn auff den Tag hernach.


Alß es auch darauff muß tagen,

Bringt Aurora durch den Ost

Frost, den Stadt- und Felder-Trost,

Und schön Wetter mit getragen,

Und macht nochmals so bekant,

Daß Du seyst der Sternen Pfandt.


Dieses thun die Himmels-Liechter.

Sol nicht Hoff und Bürgerschafft

Jetzt empfinden newe Krafft?

Sollen nicht vorauß wir Tichter,

Und was lebet in gemein,

Uber Dir erfrewet seyn?


Gut, daß man im gantzen Lande

Auff den Cantzeln Gott erhebt,

Daß Er Dich gesund, belebt,

Frewdig und in guttem Stande,

Eh' ein Mensch noch wird gewar,

Stellt vor unser Augen dar.


Es vergrössert unsre Frewde,

Was so unverhofft entsteht.

Weil man gantz bekümmert geht,

Ist besorget und in Leide,

Behtet für Dich spat und früe,

Und Dich dort schätzt, bistu hie.


Also wenn das Haff besieget

Durch den Sturm ein schwaches Boht,

Und man denn nach langer Noht

Plötzlich schönes Wetter krieget,

Doppelt sich die Frölicheit,

Die so unverhofft erfrewt.


Nichts ist newes bey den Leuten,

Herr, als Deine Gegenwart,

Jederman ist wie bestarrt,

Und lesst sich es kaum bedeuten,

Wie Dein Auffbruch sey geschehn,

Daß sich Sein kein Mensch versehn.


Könte doch Dein Ohr nur dringen

Zu den Unterthanen hin,

Jedes reitzet seinen Sinn

Dich zu sagen, dich zu singen,

Jedes suchet umb und an,

Ob es wo Dich sehen kan.


Man vernimpt in diesen Tagen

Nichts durch jedes Bürger-Hauß

Als: Wie sieht Er itzund auß?

Diesen dieß, den jenes fragen,

Aller Sorge Trost und Rhue

Und Ergetzlicheit bist du.


Welcher denn Bescheid kan geben,

Der weiß die Gestalt an Dir,

Huld, Verstand und alle Zier

Nicht nach Gnüge zu erheben,

Da ist Frewde, Lieb und Preiß,

Und was man zu dencken weiß.
[179]

Herr, vermehr in uns die Wonne,

Nicht entzeuch dem Volcke dich,

Laß dich schawen öffentlich,

Denn du bist des Landes Sonne.

Weil man Gott nicht sehen kan,

Sieht man Dich, sein Bild, gern an.


Stell' ich mich auch bey den Hauffen,

Mich, den sonst Geringsten hier,

Ey ich weiß, daß keiner mir

Diesen Vortrab ab soll lauffen,

Daß durch Lieb und Andacht-Schein

Ich nicht hie solt' Erster seyn.


Andre bringen andre Sachen,

Warumb sie Dir hold sind, bey,

Meine Schuldigkeit und Trew

Weiß vorauß sich groß zu machen,

Weil Du mehr bey mir gethan,

Als sich ein Mensch rühmen kan.


Preussen hat mich erst gebohren,

Dein Herr Vater nachmals hie

In der Edlen Poesie

Ihm zum Diener selbs erkohren,

Daß ich ferner Brodt und Rhue

Finde, schaffen Gott und Du.


Leute, welche mehr begehren,

Als dieß kurtze Leben wil,

Düncket dieß vieleicht nicht viel,

Ich, dem gnügt, sich ehrlich nehren,

Und dabey ein freyer Muth,

Halt' es für ein Fürsten-gut.


Dieses und viel andre Dinge,

Daß Du bist der Helden Liecht,

Deiner Länder Zuversicht,

Macht, daß ich erfrewlich singe,

Und mir deiner Ankunfft Schein

Lasse hoch und heilig seyn.


Herr, Du bist ein Trost der Zeiten,

Unsrer letzten Hoffnung Grund,

Du erhältst den Friedens-bund,

Ausser Dir ist Angst und Streiten,

Ist Gefahr und höchste Noht

Und ein tausentfacher Todt.


Nicht für deine Wolfahrt behten,

Ist seyn aller Boßheit Freund,

Aller Rhue und Liebe Feind,

Ist die Tugend untertreten,

Und an Barbarey und Wust

Haben seine beste Lust.


Lieber hielt ich mich verlohren

Umb den schnellen Nilus-Fluß,

Oder umb den Caucasus,

Oder lebte bey den Mohren,

Als ohn deines Lebens Standt

Noch bewohnen Preussenlandt.


Und die strenge Winter-Reyse

Sol Dir drewen Noht und Zwangk?

Und der starcken Weichsel Gangk

Sorglich seyn mit schwachem Eyse?

Nein, der Himmel hält Dir Schutz

Wieder alles Wetters Trutz.


Laß das ärgste Leid ergrimmen,

Laß Neid, Unmuth, Zorn und Haß,

Zeit und Noht ohn alle Maß

Wieder dich zusammen stimmen,

Das Gebeth der frommen Welt

Ist was Dich gefahrlohß helt.


Nur eyl nicht so bald von hinnen,

Es erhole sich dein Sinn,

Daß der Schweden Königinn,

Und die Pfaltz- und Marg-Gräffinnen,

Sämptlich, Chur Fürst, dein Geblüt,

An Dir laben jhr Gemüht.
[180]

Nimm Dein Fürstliches Ergetzen

Auff der wilden Bähren-Jagt,

Such die Sorg und was Dich plagt

Zu vertreiben durch das Hetzen,

Schaw, Diana rüstet sich,

Und lockt in die Wälder Dich.


Ross' und Hunde wollen eilen,

Phoebus selbs, der Jäger Fürst,

Mercket, wenn Du auff seyn wirst,

Wartet mit Geschoß und Pfeilen,

Wil Dich leiten überall

Durch Gepüsch, Gebirg und Thal.


Wann die liebe Sonn' indessen

Sich dem Norden näher dringt,

Und das schöne Vorjahr bringt,

Daß der Kälte wird vergessen,

Haff und Pregel offen sind,

Und der Wald sein Haar gewinnt,


Wird sich auch Dein Gartt' erheben

Mit geferbter Blumen Zier

Und mit Kräutern da und hier,

Und dir schencken newes Leben.

Nimm, was dir der Himmel giebt,

Zeitig gnug kömpt was betrübt.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 178-181.
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