Bey Oratorischem Act,

Am Churfürstl. hohen Geburts-Tage, von vier Preußischen von Adel in der Königsbergischen Academie angestellet

Bey der Ersten Oration von der Brandenburgischen Rose.


Schreib, Preußen, deine Lust und Rhu

Der Brandenburger-Rosen zu:

Wie hoch bist du zu schätzen!

Sie führet ihren Pracht und Schein

Und allen Glantz, auch dich allein

In Sicherheit zu setzen.


Sie wird durch Himmels-Gunst bewacht,

Der wärmt und netzt sie Tag und Nacht,

Und schenkt ihr Art und Leben,

Drumb kröhnet sie der Erden Feld,

Und kan Geruch und Liecht der Welt

Für allen Blumen geben.


Daß dich kein Krieges-Brand verhert,

Und keine Last zu sehr beschwert,

Daß Trew und Recht nicht wancken,

Und dir kein Feind das Deine rafft,

Das hast du ihrer Tugend Krafft

Und Gott allein zu dancken.


Du edle Rose, rag empor,

Thu es den Cedern selbs zuvor,

Die am Jordanes stehen:

Entzeuch uns deine Güte nicht,

Wir wollen deiner Hoheit Liecht

Bey Kindes-Kind erhöhen!


Bey der Andern Oration von dem Adler des Hauses Brandenburg.


Was die Völcker weit und breit

Hält umbzäunt mit Sicherheit

Sind nicht nur gestrenge Waffen,

Auch durch Witz und durch Verstand

Wird offt Heil uns zugewand,

Als kein Krieg vermag zu schaffen.


Ist nicht auch der Klugheit Ruhm,

Brandenburg, dein Eigenthum?

Görg- und Friedrich Wilhelm haben

Ihren Ländern höchst genützt,

Und sie mächtig sehr geschützt

Durch gewitzter Sinnen Gaben.


Billich ziert des Adlers Bild

Dieses grossen Hauses Schild,

Weil sie längst den Preiß gewonnen

Aller Vorsicht im Gemüth,

Wie ein Adler standhafft sieht

In den hellen Glantz der Sonnen.


[145] Bey der dritten Oration von dem Brandenburgischen Löwen.


Dieser Brandenburger-Löw

Ist durchaus gezähmter Sinnen,

Weiß von keiner Tiranney,

Lässt durch Güte sich gewinnen,

Fasst das schwach in treue Hut,

Und bekriegt den Übermuth.


Wol Euch, die sein Schutz bewacht!

O was Ruh hat Euch umbgeben!

Rühmt des Löwen grosse Macht,

Wünscht ihm Lust und langes Leben,

Weil sein Wolergehn und Noth

Gleichfals Euch ist Heil und Tod.


Bey der vierten Oration von dem Brandenburgischen Scepter.


Brandenburg, du Scepter-Träger,

Majestät- und Hoheit-Heger,

Wer wil deines Glantzes Licht

Anzusehn nur ihm getrawen?

Unecht' Adler können nicht

Steiff hin in die Sonne schawen.


Du bist aber so erhaben

Bloß durch dein Verdienst und Gaben,

Wer den Feind nicht erst gedämpft,

Wird nicht seinen Raub erjagen,

Hände, die nicht wol gekämpft,

Werden keinen Scepter tragen.


Nun, dein' Hoheit wird bestehen,

Die Pyramides vergehen

Mit der Zeit die alles rafft,

Nur dein Scepter wird nicht alten,

Weil Ihn Gott mit neuer Krafft

Ewig scheint zu unterhalten.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 145-146.
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