Hertzliche Frewde über der höchst-frölichen Entbindung Ihr. Churfürstl. Durchl. Unser jetztgedachten Gnädigsten Fr. und auff dem Churfürstl. Residentz-Hauß Königsberg in Preussen längst verlangt- und gewünschten Genesung eines Jungen Printzen

[247] den 11. HewM. 1657.


Was wil der helle Glocken-Klang

In allen dreyen Städten?

Bedeut er Trauren oder Danck,

Und wil, wir sollen behten?

Er ist zu Freuden angestellt,

Zum jauchtzen außerkohren,

Weil Du, O Fürsten-Kind, der Welt

Und uns bist heut gebohren.


Fallt alle nieder auff die Knie,

Ihr liebt ja ewer Leben,

Und danckt dem Höchsten spat und früh,

Der Ihn sein Pfand gegeben.

Warumb der wahren Andacht Glut

So lang ihn angeschrien,

Das hat Er aus bewegtem Muht

Uns reichlich jetzt verliehen.


Die Bohten sollen nicht verziehn,

Auff, reiset unverdrossen,

Fort, bringt es eilends nach Berlin,

Doch allererst nach Crossen,

Sagt es dem Hag' imgleichen an,

Auch Churland muß es wissen,

Der Elbe werd' es kunt gethan,

Sie wird sich froh' ergiessen,


Der Oder-Strom erfrewet seyn,

Die Spree und Ruhr imgleichen,

Für allen wird der edle Rhein

In Freuden keinem weichen.

Was? hör' ich nicht der Music Schall

Fern von der grünen Brücken

Sich mengen in den Doner-Knall

Aus allen groben Stücken?


Wo hält sich jetzund die Armee,

Die hie bißher gelegen?

Jetzt thu' sie keinem Menschen Weh,

Mars zücke keinen Degen,

Der Löw sey jetzt ein stilles Schaff,

Der Adler eine Taube,

Du Fürst von Weimar, Du Herr Graff,

Krönt ewer Heer mit Laube.


Sparr, Dörffling, Görtzke, Kannenberg

Und alle tapffre Helden,

Von deren Muht, Verdienst und Stärck

Nicht Zeit ist nun zu melden,

Macht jetzund Anstand mit dem Streit,

Lasst keinen Menschen tödten,

Gebt lauter Fried' und Frölicheit

Aus Stücken und Musqueten.


Nun selbst der schöne Himmel lacht

Weit schöner als im Lentzen,

Der Sonnen unbewölckter Pracht

Muß gantz verliebet gläntzen,

Der Südwind steckt in seiner Klufft

Und macht kein Wasser trübe,

Der weite Raum der warmen Lufft

Erregt nur Schertz und Liebe.


Und dieß zu Ehren Dir, O Kind,

Du kömmst zu gutter Stunde,

In der Natur und Himmel sind

Im newen Friedens-Bunde:

O leb', und bring' anjetzt mit dir

Auch deinem Volck den Frieden,

Von dessen Gut und güldnen Zier

Wir lange sind geschieden.
[248]

Mars schenckt dir seine strenge Hand

Und Venus ihre Güte,

Der reiche Jupiter Verstand,

Auch Pallas ihr Gemühte,

Es stehn sich Himmel und sein Schein

Dir willig zu verpfänden,

Dieß wiß du, Kind, zum Fried' allein

Der Deinen anzuwenden.


Du aber, hohe Mutter, hast

Bißher viel außgestanden,

Umbfahe nun den lieben Gast,

Du bist aus deinen Banden.

GOTT, der Dich selber hat erfreut,

Wird deine Schmertzen heilen,

Und künfftig lauter gutte Zeit

Dir für die Noht ertheilen.


Und du, O Churfürst, thewrer Held,

Laß deinen Wiederwillen,

Den Du für uns trägst und die Welt

Durch diese Lust sich stillen,

Gott krönt Dich auch durch diesen Sohn,

Der wird dein Hertze lencken,

Und uns hieneben auch die Kron

Des ewign Friedens schencken.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 247-249.
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