Incolumi Principe cuncta valent. Oder Der höchst-erfrewliche Geburts-Tag Sr. Churfürstl. Durchl.

[243] 6/16. Horn. 1656.


Leut' im Lande sind verhanden,

Die durch ihr Gebeht allein

Wider diesen Riß gestanden,

Gott mag wissen wer sie seyn,

Daß das wilde Krieges-Schwerdt

Uns nicht gäntzlich hat verheert,


Und der Fried' in deinen Sinnen,

Welche Gott lenckt jederzeit,

Müß', O Churfürst, Raum gewinnen,

Und du unsre Sicherheit

Höher warlich hast geschätzt

Als was in der Welt ergetzt.


Mehr ist leben weder sterben,

Mehr die Sonne weder Nacht:

Auch nur einen Fried' erwerben

Geht für tausend Siege Pracht,

Die, auch sind sie noch so gut,

Sind gefärbt mit Menschen-Blut,


Sind besprengt mit Angst und Zähren,

Die der Waffen Zwang erzwingt,

Der itzt Krieger muß ernehren,

Was das Recht dawider singt,

Und das Christenthum, das nun

Längst nicht mehr besteht im Thun.


Laß den Phrath und Ganges fliessen

Unter Alexanders Macht,

Laß die Römer Blut vergiessen,

Biß sich still ihr stoltzer Pracht

Und der Laster Ubermuth

Selbst sie in die Knechtschafft thut,


Daß sie mit den Bürger-kriegen

Ihnen selbst sind Bann und Tod,

Sich für einen Nero schmiegen,

Und zuletzt der Wend' und Goht

Machet, daß ihr edles Reich

Kaum sieht einem Schatten gleich.
[243]

Rührt der Riesen Ungehewer

Gleich den Himmel selber an,

Jupiter behält sein Fewer,

Das sie leichtlich stürtzen kan,

Und wie hoch die Cedern seyn,

Keine ragt doch Sternen ein.


Gott der wolle dich, Held, stärcken,

Daß du ihm gewehrest Trew,

Und von deinen besten Wercken

Unschuld, Recht und Friede sey,

Daß nicht Unrecht noch Gewalt,

Herr, umb dich find' Auffenthalt,


Daß, wenn du nach späten Jahren

Aller Welt und Ehren satt

In die Ewigkeit wilst fahren,

Keine Blut- und Frevel-That,

Sondern Reinigheit und Lust

Deinem Hertzen sey bewust.


Gnug sind Länder, gnug sind Leute,

Welche Gott dir unterthan,

Darffst nicht sehn nach frembder Beute,

Nimm dich deines Volckes an,

Laß sie, als du thust, mit Schein

Ruh' und Heil gekrönet seyn,


Daß der Gottesdienst nicht liege,

Die Gerechtigkeit und Zucht

Aller Laster Schaar besiege,

Und die Kunst von ihrer Flucht

Umbkehr' und durch freye Hand

Komm' in ihren alten Stand.


Dieses thun, die Wünsche zwingen

Und durch einen schönen Krieg

Selbst mit seinen Lüsten ringen,

Das gebieret bessern Sieg,

Als wenn Ost und West allein

Dir gehorsam müsten seyn.


Fürsten bergen ihr Gemüte,

Gott ergründet sie allein,

Gleichwol können deiner Güte

Mehr als tausend Zeugen seyn,

Keiner der mit Billigheit

Dich nur einer Boßheit zeiht.


Du wirst nicht die Augen weiden,

Wenn der Ancker einem bricht,

Diß ist auch in unserm Leiden

Was, nechst Gott, uns Trost verspricht,

Daß bey dieser Zeiten List,

Herr, dein Hertz auffrichtig ist


Und es gnädig mit uns meinet,

Welches sattsam aus der Last,

Die uns newlich druckte, scheinet,

Wie empfandst du keine Rast,

Also daß schier die Gefahr

Deine mehr als unsre war.


Rittest du nicht hin und wieder

Wie bey Tage so bey Nacht,

Selten warff ein Schlaff dich nieder,

Namst die Wachen selbst in acht,

Hast die Wälle selbst berannt

Und die Einfäll' abgewandt?


Deiner selbst nicht wargenommen,

Nichts gegeben auff den Frost,

Bist aus keinen Kleidern kommen,

Hast genommen schlechte Kost

Und auch dieses auff der Flucht?

Mars hält selbst kaum solche Zucht,


Wenn er streicht mit den Odrysen

Durch das harte Thracer-Feld

Und auff Hebrus kahlen Wiesen

Mit bereifften Rossen hält,

Oder färbet mit dem Blut

Seiner Feinde Strymons Fluth.
[244]

Sollen wir uns denn nicht frewen,

Grosser Churfürst, über dir?

Nicht zu Gott von Hertzen schreyen

Für dein Leben, Hoheit, Zier,

Jetzt da Phoebus zu uns dringt

Und uns dein Geburts-Fest bringt?


Einen Tag, den wir zusammen,

Denen lieb ist Hals und Gut,

Billig durch der Andacht Flammen

Und des wahren Danckes Glut

Feyren, den der Orgeln Schall

Billig klinget überall.


Haben wir es nicht von nöhten?

Das hat Mars uns wol gezeigt.

Auff, ihr Redner und Poeten,

Jetzund singet, nachmals schweigt,

Singt! wenn sich der Krieg empört,

Seyd ihr warlich schlecht gehört.


Danckt dem Höchsten, rühmt den Helden,

Der den Mund uns auffgethan,

Daß wir etwas können melden,

Der uns machet Lufft und Bahn,

Und ohn den wir überein

Könten, was die Wild' ist, seyn.


Sind die Lieder noch nicht nütze,

Löse die gedritte Stadt

Allen Donner der Geschütze

Die sie auff den Wällen hat,

Dieses wird uns besser seyn

Als, bricht wo ein Feind herein,


Wenn man auff ihn Fewer geben

Und dem Anfall wehren soll,

Daß die starcken Zimmer beben,

Und wir sämptlich Schreckens voll

Einig auff den Höchsten sehn,

Als sey es umb uns geschehn.


Herr, nach den betrübten Stunden,

Nach den Sorgen, welche wir

Und für allen Du empfunden,

Sey dein Tag erfreulich dir,

Und geneus der Ruh' und Rast,

Die Du selbst gestifftet hast.


Dann erst scheint die Sonne besser,

Wenn es lang geregnet hat,

Dann erquicket ein Gewässer,

Wenn nun brennen Feld und Sat,

Und der Hunger heisst allein

Schlechtes Brodt auch Honig seyn.


Sie auch lässet Gott genesen,

Sie die grosse Churfürstinn,

Die so hertzlich kranck gewesen,

Legt die Schwachheit mercklich hin,

Auch ergetzt sich Carl Aemil

Schon an seinem Tockenspiel,


Geht, und ob die Wort ihm brechen,

Lernet er doch mit der Zeit

Schon den grossen Vater sprechen

Auch die Mutter allbereit,

Er, der eben heut' ein Jahr

Meinem Liede willkomm war,


Deß Geburt ich hie vernommen

Und den hie mein Reim gegrüsst,

Eh' er an die Welt gekommen

Und die Eltern ihn geküsst,

Welcher Weissag, Glück und Ruhm

Ewig bleibt mein Eigenthum.


Leb', o Kind, des Himmels Güte

Schenckt Dir was dein Vater hat,

Seine Macht und sein Gemühte,

Seine Gnad' und grossen Raht,

Wie Ihr habt nicht ohngefehr

Ein Geburts-Fest, Du und Er.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 2, Halle a.d.S. 1937, S. 243-245.
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