Lebens und Todes-Kampf

Mvß der Mensch nicht stets in Pein

Vnd in Streit auff Erden seyn?

Sind nicht seine Tage

Eines Tagelöhners gleich?

Er sey dürfftig oder reich

Ihn trifft seine Plage.


Ein Soldat im Krieges-Heer

Hat es besser weder er,

Denn er ruht zu zeiten,

Dieser nie, was ist sein Feld?

Mit der gantzen bösen Welt

Hat der Mensch zu streiten.


Jenes Feind ist eusserlich

Dieser kämpfft erst selbst mit sich,

Sucht sein Hertz zu meistern,

Nachmals mit der Hellen-Klufft

Mehr, auch droben in der Lufft

Mit den bösen Geistern.


Vbergeh' ich Glück und Fall

Vnd was stürmet überall?

Was uns von dem Morgen

An bis in die Nachtzeit kränckt,

Vnd die niemand gnug bedenckt

Mit viel tausent Sorgen?


Wider solcher Arbeit Noht

Ist kein Mittel als der Tod,

Aber ist zu kämpffen

Je gewesen, so ist dann,

Wenn zuletzt der Todten-Mann

Ubrig ist zu dämpfen.


O wie heßlich siehet aus

Er, sein Grab, das Knochen-Hauß,

Was ist dann zu leiden?

Wenn das Hertz nicht Kräffte weiß

Und uns netzt der Todes-Schweiß,

Seel und Leib sich scheiden.


Aber über selig weit

Sind die Todten allerseit

Die im Herren sterben,

Denn der Geist bejaht, daß sie

Von der schweren Arbeit hie

Erst die Rhu erwerben.


Auch sind ihre Wercke wach,

Denn sie folgen ihnen nach,

Ihr Gebeht in Nöhten

Ihre Lieb' ihr Glaubens-Schein

Sampt Gedult und Hoffnung seyn

Was kein Tod kan tödten.


Daß wir keines Kampffes schew

Tragen, steh, o Gott, uns bey,

Durch des Geistes Waffen,

Thu uns sanfft die Augen zu,

Damit wir in stoltzer Rhu

Nach der Arbeit schlaffen.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 4, Halle a.d.S. 1938, S. 6-7,9.
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