Aus dem Frantzösischen: Ma chere Phillis les roses et les lys

[206] Vor 1648.


Phyllis, O mein Liecht,

Die Liel' vnd Ros' hat nicht,

Was an Farb vnd Schein

Dir möcht' ähnlich seyn,

Nur das dein stoltzer Muth

Der Schönheit Vnrecht thut.


Du nur höhnst das Recht,

Das Venus rund vnd schlecht

Trewen Hertzen stellt,

So dies Grün' enthält,

Denn wer nicht lieben mag,

Sieht unwehrt einen Tag.
[206]

Götter, wie du weist

Sind Himmel-abgereist,

Daß der Augen-Schein

Möcht jhr Leit-Stern seyn,

Verliebt seyn jhnen nach

Ist das nicht gutte Sach?


Alle Vöglein hie

Sampt jhrer Melodie

Hetten gäntzlich nicht

Gnüg' ohn LiebesPflicht,

Vnd würden nicht erfrewt

Vmb diese Frülings-Zeit.


Darumb, Phyllis, laß,

Daß wir umb dieses Graß

Reden Tag vnd Nacht

Nichts als LiebesMacht,

Nimm diesen Zeit-vertrieb

Zu unsrer Lust vorlieb!

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 206-207.
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