Johann Friedrich Hoffman und Maria Neumann

[97] 10. Heumonat 1656.


Nvn Mars auch über Pohlen

Den kühnen Wallach sprengt,

Auch Preussen, Raub zu holen,

Mit strenger Herrschaft drengt,

Nun unser Gut und Leben

Darauff geht mit der Zeit,

Das alles mus erbeben

Für seiner Grausamkeit,


Nun die Trompetten klingen,

Das wilde Feldgeschrey,

Die Ross' und Kugeln singen,

Melpomene verzeih:

Was heissest du mich geigen?

Wer hört mein schwaches Lied?

Heiß mich viel lieber schweigen,

Ich bin umbsonst bemüht.


Wo ist die Zeit geblieben

Da mich pflag jederman

Zu ehren und zu lieben,

Schlug ich die Seiten an,

Auch die berühmten Tichter,

An die mein Nahm geragt,

Daß auch der Erden Lichter

Nach meinem Spiel gefragt?


Jetzt bin ich gantz vergessen.

Was nützt auch mein Geticht?

Es dienet nicht zu essen,

Es dient zu trincken nicht:

Es taug nicht für Soldaten.

Mir fehlt der Tyrteen Hand,

Der vor die Spartiaten

Mit spielen überwand.


Auch Lesbos ward gezwungen,

Alcee, durch deinen Klangk,

Was Orpheus hat gesungen

War der Odrysen Zwangk,

Auch gab Amphions Leyer

Den angenehmen Laut,

Daß dadurch dein Gemäwer,

O Thebe, ward erbawt.


Jetzt haben unsre Seiten

Bey weiten nicht die Krafft,

Mars lässt sich nicht bestreiten

Durch alle Wissenschafft:

Ja köntt' ich auch mit streichen

Weit über Phebus gehn,

Kein Sebel wird mir weichen,

Kein Feind zurückestehn:


Wär es gethan mit singen,

So woltt' ich überall

Das Stal der Zeiten bringen

Stracks in Saturns Metall.

Der Pregel sollte werden

Ein klarer Castalis,

Vnd Preussen aller Erden

Gewünschtes Paradiß.


Weil dieß nicht kan geschehen,

Mars muß am brete stehn,

Sol ich der Mißgunst flehen,

Der Tugend müssig gehn?

Mich mit dem Kriege schützen,

Des Glückes Sclave seyn,

Die wehrte Zeit vernützen

Mit müssiggehen? nein.
[97]

Ich wil mich standhafft haltten

An Gott und meinen Sinn,

Die Satzung lassen waltten,

Vnd bleiben wer ich bin,

Wil dieses Wetters lachen,

Ein andrer Abderiht,

Vnd ferner Verse machen

Von allem was geschiht.


Der Streit muß sich doch enden,

Man wird des wesens sat,

Dann sol sich, hoff' ich, wenden

Des leichten Glückes Blad,

Mit kräfftigen Gemärcke

Was Gold sey und nur Schein,

Vnd wessen Tugend-wercke

Bewehrt und besser seyn.


Wolan mit dem bescheide,

Herr Hoffmann, fahret fort

Mit ewrer HochzeitFrewde,

Ihr seht nicht an den Nord,

Wie ungestüm er fähret,

Hebt ewren Sinn zu Gott,

Der Hülff und Raht gewehret,

Wie groß auch sey die Noht.


Bey uns auff frembder Erden

Habt ihr es euch bisher

Gnug sawer lassen werden,

Kein' Arbeit ward euch schwer,

Nichts habt ihr untterlassen,

Euch rühmet selbst der Fleiß

Vmb welchen bester massen

Herr Peter Weger weis.


Er sah euch in den Schrancken

Der Trew und Vnschuld gehn,

Drumb was ihr ihm zu dancken,

Hör' ich euch offt gestehn.

Ja unser Haupt und Leben,

Der Churfürst, selbst hat acht

Auff ewer Thun gegeben,

Vnd gnädigst euch bedacht


Anietzt bey ewren Ehren.

Nimm, Jugend, deiner war,

Laß dich die Weißheit lehren,

Sey fleissig immerdar,

Hörst du die Lust-Sirenen,

Folg ihrer Stimmen nicht,

Sie suchen dich zu höhnen,

Nimm an der Zucht Bericht.


Es wird dich nicht gerewen,

Wer kämpfft nicht umb die Cron?

Auch dich wird sie erfrewen

Durch mehr als süssen Lohn:

Hat sie euch auffgesetzet,

Ihr wehrter Bräutgam? nein,

Ihr werdet jetzt ergetzet

Auff alle Müh und Pein.


Daran muß euch nicht hindern

Der Waffen schwere Last,

Gott schaffet seinen Kindern

Auch in dem Kriege Rast.

Nur geht verliebt zusammen,

Vertrawt euch seiner Hut,

Entbrennt in süssen Flammen,

Es wird noch alles gut.


Trotz allem Vngehewer,

Wenn Gott erretten wil!

Dort ist das wilde Fewer

Den dreyen Männern still,

Vnd kan kein Haar verbrennen.

Dergleichen Schutz und Heil

Sollt ihr auch stets erkennen,

Bleibt Gott nur ewer Theil.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 97-98.
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