Wann wird es Friede?

[471] Die Vöglein, die aus den Bäumen dort locken,

Die fragte ich jüngst: »Wann wird es Friede?

Wie lange muß mir mein Herzblut noch stocken?

Jetzt komme ich nur zur Liebsten im Liede.


Ach, Vöglein, sagt es mir armem Verbannten,

Wie lang' muß ich hier die Stunden noch dehnen?

Ach, Liebste, ich gleiche jetzt einem Entmannten,

Ich koste nie Liebe, erleide nur Sehnen.


Sagt, mich zu trösten, darf ich bald reisen?

Schickt, wenn der Friede nahe, der klare,

Winkende Schmetterlinge, die weisen,

Schickt sie, daß ich's als Hoffnung erfahre!«


Bald nach der Frage sah ich mit Staunen,

Wie um das Laub weiße Falter erschienen.

Sind sie der Landschaft spielende Launen?

Oder wollen als Zeichen sie dienen?


(Garoet, 30. April 1915)


Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 471-472.
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