Es hat niemand wie dein Herz über dich Gewalt

[271] Eine Geisblattstaude duftet ins Dunkel gerückt

Am Weg beim Bild der Madonna aus Stein,

Eine tiefhängende Gewitterwolke holte uns ein,

Und nahte, wie eine drohende Gestalt

Über dein Haupt gebückt.

Die Mondsichel stand wie ein Heiligenschein in den Himmel gedrückt.

Das Kleefeld duftete dir zu Füßen in die Schwüle verzückt.

Und langsam vor dir, wie zerpflückt, wich die Wolkengestalt.

Es hat niemand wie dein Herz über dich Gewalt.


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Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 271-272.
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