Johanni

[39] Himmel, Erde schaffenstrunken.

Noch die Nächte schlürfen lechzend

Des erschöpften Tages Helle,

Bleiches Dunkel atmet Funken,

Und das Spätlicht schleppt sich ächzend

Durch die Mittnacht,

Zu des jungen Tages Schwelle.

Sonnenfeuer kochen Säfte.

Blütenzarte dort versengt.

Aus dem weichen Maienkosen

Drängen willenstarke Kräfte,

Und die Sommerreife senkt

Sinnend ihre ernsten Rosen.

Satt zerrann das Frühlingsgirren,

Grimme Sensenhiebe klirren,

Halme seufzen, in der Luft,

Von Vergänglichkeit umwittert,

Wanket schwermutweher Duft,

– und das stolze Leben zittert.


Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 39.
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