Ums Brot

[148] Nur Einem, Einem möcht' ich sagen,

was mir das Herz so gar beklemmt,

so schwer sein Hochverlangen hemmt!

O könnte ich noch Einmal klagen,

wohin ich Einst mein Leid getragen:

an meiner Mutter Brust!


Von all den Andern weiß ich Keinen,

der ganz in mir sich selbst vergißt,

nicht meine Pein an seiner mißt; –

und froh und glücklich muß ich scheinen.

O könnte ich noch Einmal weinen

an meiner Mutter Brust!


Sie würde keinen Vorwurf sagen,

nur trösten ihr gequältes Kind,

die Stirne küssen mir so lind ...

Ich ward ein Mann, ich muß es tragen:

ich darf nicht weinen mehr und klagen

an meiner lieben Mutter Brust.

Quelle:
Richard Dehmel: Erlösungen, Stuttgart 1891, S. 148.
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