Ein Ring

[88] Ich trug einen Ring mit drei Opalen,

viel Märchen schuf der bleiche Stein,

scheu wie das Glück sind seine Stralen,

Wasser soll ihren bunten Schein

wie Gift zernagen.


Ich kenn ein Weib, das hat all meine

bleiche bunte Sehnsucht lieb;

sie gab mir mehr als edle Steine,

doch sollt' ich Alles wie ein Dieb

heimlich tragen.


Ich hab eine Frau, die schenkt mir klar,

wie eine Quelle unverschlossen,

ihren Frieden immerdar;

sie weinte, ihre Thränen flossen

auf die Opale.
[89]

Ich trug den bleichen Ring zurück,

aber das Märchen hat gelogen;

noch glänzt der Stein und glänzt mein Glück,

glänzt wie der bunte Regenbogen

im Wasserstrale.


Quelle:
Richard Dehmel: Weib und Welt, Berlin 1896, S. 88-90.
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