Morgen

[129] Auf, mein schwarzer Zaubrer, auf,

eile, spinne Gold, es tagt,

schmücke deine stolze Magd!

Laß die Stralen nicht verwittern,

die vom Morgensterne splittern!

Heute Mittag muß die Erde

sich entzücken am Geschnauf

deiner wilden Siegespferde –

auf, mein goldner Zaubrer, auf!


Laß mich träumen, Zauberin,

sprich mir nicht vom Tag der Schlacht;

nimm die Stralen, spinn sie, spinn.[129]

Mich verstört das Marktgepränge,

wo die Erze vor der Menge

zur verstaubten Sonne dröhnen.

Ueberirdisch ist die Nacht,

wo die heiligen Gesänge

meiner sieben Schlangen tönen;

sprich mir nicht vom Tag der Schlacht,

laß uns träumen, Zauberin –

nimm den ganzen Himmel hin ...

Quelle:
Richard Dehmel: Weib und Welt, Berlin 1896, S. 129-130.
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