34.

[151] Und sie sehn sich schimmern, ruhend vom Bade.

Und schimmernd ruht das öde Gestade

im warmen Wind. Sie lauschen ihm nach:

lauschen, wie die Weiten sich rühren,

wie alle Tiefen zu Höhen führen –

wie die Möven zwischen den Wellen

schwimmend auf und nieder schnellen –

Und des Weibes Lächeln wird zur Sprache:


Lux, mein Leuchtender, wenn wir so liegen,

ich mit meinem schwarzen Windsbrauthaar,

du wie ein Flußgott der See entstiegen,

und jeder Wogenkamm bringt uns Liebreize dar,[152]

und mir versinkt die letzte Schranke,

die zwischen Leib und Seele noch blieb,

denn dein kleinstes Härchen ist mir so lieb,

so wert wie dein größter Gedanke –

und ich denk an gestern und strahle vor Ehren,

daß ich dir Haar und Bart durfte scheren –

ach, und heut Nacht, du, hört'ich dich schnarchen

wie einen braven Patriarchen

und konnt nit lachen – Herr meines Lebens,

es war mir lieb als Äußerung Deines Lebens –

und ich sag dir dann mit fröhlichem Mut:

ich bin auch deinem Töchterchen gut –

und frag dann ohne ein Lächeln des Spottes:

bin ich nun reif zur Mutter Gottes,

zu jeder Lebensmeisterschaft

tauglich, tüchtig, tugendhaft –


Dann, mein himmlisches Freudenmädchen du,

– reckt sein narbiger Arm sie der Sonne zu –

dann sag'ich lachend ohne Spott:


wir Götter brauchen keinen Gott!


Er läßt sie thronen auf seinen Knien;

und sie, mitlachend, schaukelt ihn,

die Brüste zum Triumph gestrafft.

Zwei Menschen schwelgen in ihrer Kraft.

Quelle:
Richard Dehmel: Zwei Menschen. Berlin 1903, S. 151-153.
Lizenz:
Kategorien: