Zweiter Auftritt.

[221] Kommerzienrath und Martin von rechts, hinter der Mauerecke hervorkommend.


KOMMERZIENRATH. Sie blühen doch in diesem Jahre spät.

MARTIN. Aber ganz kostbar, Herr Kommerzienrath, sehn Sie, da sind diese Nacht ein paar aufgegangen – Er geht zur Estrade. I daß du das Wetter kriegst, da sind schon wieder die schönsten Blüthen abgerissen!

KOMMERZIENRATH. Was sagt er?

MARTIN. Da sehn Sie die Bescheerung.

KOMMERZIENRATH. Das ist ja zum Schlag treffen!

MARTIN. Alles wieder abgerissen! Und sehn Sie einmal hier, von der Rabatte akkurat so, und drinn herumgetrampelt, daß es eine Art hat.

KOMMERZIENRATH lorgnirt. Weiß es Gott, alles zerstört.

MARTIN. Sehn Sie, Herr Kommerzienrath, da ist er über die Mauer echappirt, man sieht die Spur ganz deutlich.[221]

KOMMERZIENRATH. Ja, ja –!

MARTIN. Und das ist nicht ein barfüßiger Fußtapfen, oder von einem ordinairen Schmierstiefel –

KOMMERZIENRATH. Nein, nein, es ist die Spur von einem feinen Herrenstiefel.

MARTIN. Einbällig, mit pfiffigen Absätzen.

KOMMERZIENRATH. Das ist kein gewöhnlicher Dieb.

MARTIN. Ne, ein ganz anständiger, gebildeter Spitzbube.

KOMMERZIENRATH. Wer kann das seyn? Da will ich heraushaben oder –! Es soll gewacht werden, Martin, gewacht, von heut Abend an, so wie es dunkel wird, Tag und Nacht, bis wir den Halunken haben.

MARTIN. Ja und dann wird er tüchtig durchkalascht.

KOMMERZIENRATH. Nichts wird kalascht! Ist er schon wieder mit seinem Prügeln da? Soll ich's ihm hundertmal sagen? ich kann das nicht leiden. Schaff' er mir den Dieb, für seine Bestrafung werde ich sorgen.

MARTIN. Na Sie werden ihm auch was Rechtes thun. Aber meinetwegen! Ich werde heut Nacht selber mit Wachen den Anfang machen. Aber das sage ich, kalaschen wollt' ich ihn schon allein, aber festhalten kann ich ihn nicht allein.

KOMMERZIENRATH. So laß' er Christian mitwachen.

MARTIN. Ach das ist eine Schlafmütze, Herr Kommerzienrath,[222] eine rechte Schlafmütze, der bleibt mir nicht munter.

KOMMERZIENRATH. Nun er arbeitet auch redlich den Tag über und läuft nicht in's Wirthshaus.

MARTIN. Ach so? – Na ich werde mir den Phylax holen.

KOMMERZIENRATH. Nein, nein, nein! Laß er den nur ganz aus dem Spiele, der macht doch nur Confusion. – Nehme er einen Wächter an, aber einen tüchtigen, zuverlässigen Menschen, der auch nicht plaudert, damit der Dieb nicht Wind bekömmt.

MARTIN. I, den will ich schon besorgen. Aber, es wäre doch wohl besser, wenn wir den Spitzbuben gleich tüchtig durchkalaschten.

KOMMERZIENRATH. Aber Martin, will er –!

MARTIN. Ich meine nur, Herr Kommerzienrath, weil er uns leicht echappiren könnte, wenn wir ihn erst säuberlich nach dem Schlosse transportiren sollen.

KOMMERZIENRATH. Ihr sollt überhaupt nicht mit großem Hallo in's Schloß kommen und Alles in Allarm setzen. Wenn Ihr den Dieb fangen solltet, so sperrt ihn in's Gartenhaus oder in die Einsiedelei, was Euch am nächsten ist, und kommt ruhig und vernünftig zu mir mit der Meldung.

MARTIN. I ja, so kann man's auch machen, aber Im Abgehn. gleich auskalascht wäre doch besser.


Quelle:
Eduard Devrient: Dramatische und dramaturgische Schriften, Leipzig 1846, S. 221-223.
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