Dritte Szene

[518] SPETH ihr nachsehend. Die Frau hat den Teufel im Leibe, ein kapitales Weib! Alles lebt und kribbelt an ihr. Einen Verstand! einen Witz! und eine Darstellungsgabe! Hui – wenn die schreiben wollte, die würde was anders an den Tag bringen als meine Blaustrümpfe; Leiser. sie hat nicht ganz unrecht, es sind ein paar abgetakelte Fregatten; Lauter. indessen was tut man nicht, Seufzend. das heißt was muß man nicht tun für die Damen! Es ist ein schreckliches Wort: eine Dame, und vollends eine Dame, die es darauf anlegt, dir die Tasche zu fegen; da magst du dich nur so geduldig schinden lassen wie ein toter Hase. Gähnend. Ach Gott, ich wollte, daß ich mir eine Rhinozeroshaut anschaffen könnte, oder eine von Gummielastikum, die sich ellenlang ziehn ließ' und dann immer wieder auf meinen eigenen Korpus zurück spränge. »Das Echo im Felstal!« Ich mag nicht daran denken; das Stückchen kostet mich auch wieder – wart! Er tunkt die Feder ein und wirft sie dann hin. Ich will nicht rechnen; was auch habe ich denn anders davon als den Ärger? Verdrießlich. Ich weiß auch nicht, warum gerade immer nur die Langweiligen schreiben; es gibt doch mitunter welche, zum Beispiel meine Frau, wo sich Geld daraus pressen ließ' wie Heu. So ist's, das beste Stück Geld steckt immer in Dingen, wo man es nicht herausbringen kann, zum Beispiel in meinen Krebsen; Nachdenkend. ja, wenn die wollte – vielleicht wenn ich ihr so ein wenig Honig um den[518] Mund strich' und so ein wenig zusammenlög', was andre Leute sollten gesagt haben von ihrem Talente; – ja, hüte dich! da würd' ich schön ankommen. »Speth, wenn du durchaus eine Närrin zur Frau haben willst, so laß dich von mir scheiden und nimm die Briesen!« Ha, pfui! ein gräßlicher Gedanke! Er schüttelt sich. Dafür will ich doch lieber mein Leben lang ihre Gedichte verlegen, für die wär' ich noch über und über zu gut. Jovial. Ich bin überhaupt gar so'n übler Kerl nicht. Ich habe eigentlich wohl hübsche Augen – dunkle Augen – und auch sprechende Augen. Er steht auf. Ein bißchen klein von Statur. Hm, klein und wacker. Er tritt vor den Spiegel. Rot wie ein Puter, sagt meine Frau! Ich weiß nicht, was die will; ich bin nirgends rot, als wo es hingehört, Er streicht sich wohlgefällig über die Wange. zwar Er beugt näher. so ein klein Tippelchen auf der Nase – Speth, Speth! deine heimlichen Tröpfchen Wein schlagen durch, und die Frau hat es schon weg. Er beugt noch näher. Nicht viel graue Haare; sie ließen sich noch wohl auszupfen, wenn's nicht so infam wehtät; ich bin kein Freund davon, mein eignes Fleisch und Bein zu kreuzigen. Er faßt ein graues Haar und zieht es unter Gesichterschneiden aus. Hä! Hoffart will Pein leiden! Willibald tritt mit einer gewissen aisance herein. Speth fährt erschrocken vom Spiegel zurück.


Quelle:
Annette von Droste-Hülshoff: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 1, München 1973, S. 518-519.
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