XXXIII.

Arzneykunst der Chineser.

[63] Die Chineser sind etwas umständlicher hierinnen; aber ihre Lehre von dem Puls scheinet mehr die Frucht eines Vorurtheils als der Erfahrung zu seyn, ob diese Herren gleich in diesem Theil für sehr geschickt gehalten werden.


Die Chineser verlangen, daß ein Arzt, der den Puls fühlen will, vollkommen gesund seyn, ein munteres und von allen Sorgen befreytes Gemüth haben, und nicht abgemattet seyn müsse, damit das Athemholen seinen natürlichen Lauf bey ihm habe. Alsdann muß er den Puls unterschiedliche Züge lang erforschen, so daß er während des Zeitlaufes eines einigen Zuges, der aus dreyen Zeitpuncten, nämlich des Anziehens, der Ruhe, und des Ausstossens bestehet, die Anzahl der Pulsschläge zählen muß. Wenn der Puls nicht öfter als fünfmal oder wenigstens viermal schläget, so ist solches ein gewisses Kennzeichen, daß der Mensch gesund, und sein Puls ordentlich ist. Wenn aber[63] die Anzahl der Schläge der Hauptader, über oder unter dieser bemeldten Zahl ist, so ist der Mensch schon krank, oder wird solches in kurzen werden. Wenn der Puls sieben oder achtmal schlägt, so sind die Lebensgeister geklemmet, und das Blut ist vertrocknet; wenn er zehenmal schlägt, so ist es ein tödliches Anzeichen, und der Kranke wird in balden das Grab füllen. Der Puls, der nur zweymal schlägt, ist sehr gefährlich, und der, welcher nur einmal schlägt, ist tödlich, wenn er aber in dem Zeitlauf zweyer Athemzüge nur einmal schläget, so ist der Tod sehr nahe.

Quelle:
[Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine] : Medicinische Anecdoten. 1. Theil, Frankfurt und Leipzig 1767 [Nachdruck München o. J.], S. 63-64.
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