XLII.

Blattern über dem Hüfftbein, welche so viel Milch von sich gaben, als eine Säugamme aus den Brüsten giebet.

[88] Sollten wohl die Brüste an beyden Geschlechten die einzigen Werkzeuge seyn, die zur Absonderung der Milch bestimmet sind? Alle Umstände vereinigen sich insgesamt dahin, zur Bejahung dieses Satzes den Ausschlag zu geben. Sind aber diese Werkzeuge die einzigen Gänge, wo solche herauslaufen kann? Folgender Umstand zeiget klar das Gegentheil. Herr Bourdon Doctor in der Arzneykunst zu Cambrai erzählet in einem an den Herrn Lemery abgelassenen Schreiben, daß er in seiner Praxis ein Mädchen von zwanzig Jahren gesehen habe, welche aus kleinen Blattern, die sie an dem obern Theil des linken Schenkels an dem Hüfftbein bekame, eine so grosse Menge Milch von sich gabe, als eine Säugamme aus ihren Brüsten geben kann. Diese Milch ließ einen Rohm, Käß und Molken zurück, wie die Kuhmilch, sie war von andern Milchen in nichts ausser durch ein wenig Schärfe unterschieden, welche auf der Zunge derer, die solche versuchten, etwas bieße. Der Schenkel, woraus diese Milch flosse, war von einer dicken wässerigten Geschwulst, die aber keinen Schmerzen verursachte, aufgetrieben, wurde aber[89] nachdem viel Milch weggienge, ganz weich und setzte sich wieder ein; biswetien gieng diese Milch so stark, daß man den Theil mit festen Compressen über denen Blattern verbinden muste, um solche zurück zu halten; denn der überflüßige Abgang, den das Mädchen daran erlitte, entkräftete sie gar sehr. So bald als sich diese Milch zeigte, so bekam sie ihre ordentliche weibliche Reinigung nicht mehr, befande sich aber übrigens, ausser daß sie etwas schwach war, ganz wohl.


Journ. des Scav. den 5. Juny 1684.


Man findet ingleichen auch in den deutschen Tagbüchern, daß aus dem rechten Fuß einer Frau, welcher die Aerzte eine Aderläß verordnet hatten, um sie von einem Fieber zu heilen, das ihr von ihrer Niederkunft her noch zuruckgeblieben war, Milch an statt des Blutes liefe.


Journal des Scav. 26. April 1677.


Ein geschickter und glaubwürdiger Weltweiser hat mich versichert, daß er in Languedoc eine Frau gesehen habe, deren Milch schwarz war. Dieser Umstand hat seine gute Richtigkeit, ob er gleich ganz entsetzlich wundersam ist. Könnte man demnach nicht die Frage aufwerfen: ob die Weisse eine unumgänglich nothwendige Eigenschaft der Milch seye?

Quelle:
[Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine] : Medicinische Anecdoten. 1. Theil, Frankfurt und Leipzig 1767 [Nachdruck München o. J.], S. 88-90.
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