LXXXIX.

Eine in eine gipserne Kugel eingewickelte Leibesfrucht, die man in der Mutter einer Frau acht und zwanzig Jahre nach ihrer Schwangerschaft gefunden hatte.

[195] Die Natur pfleget bey keinerley Umständen mehrere besondere Wirkungen zu zeigen, als bey der Fortpflanzung der Thiere. Im Jahr 1582. wurde die Frau eines Schneiders Namens Columbus Charry in der Stadt Sens, in einem Alter von acht und dreißig Jahren, nachdem sie einige Zeit lang vorhero unfruchtbar gewesen war, schwanger; sie empfande nach und nach alle Merkmale der Schwangerschaft neun Monate lang. Sie gab nach vielen und grossen ausgestandenen Leiden, welches ihr eine Verstopfung des Urins einige Tage lang verursachet hatte, nichts als eine Menge Wasser, und einen Theil geronnenes Geblütes von sich; worauf zwar ihre Schmerzen etwas nachliesen, und das Kind sich in ihr zu bewegen aufhörte; sie muste aber doch drey Jahre lang mit vieler Beschwerniß im Bett liegen bleiben, und beklagte sich, so lang als sie lebte, beständig über die Härte und Geschwulst ihres Bauches, über Reissen der Geburtsschmerzen, und über die Beschwerlichkeit dieser Last, welche, nachdem sie die Bewegung verlohren hatte, sich so wie sie sich selbst bewegte, bald[196] auf die eine bald auf die andere Seite hinlenkte. Da sie endlich tod war, und die Frucht acht und zwanzig Jahre lang getragen hatte, so fand man ihre Mutter von vielerley Farben gesprengt, und fast so hart wie eine Schale, und in selbiger eine gipserne Kugel, in deren Mitte die Leibesfrucht eingewickelt lag, deren Glieder wohl gestaltet waren; es hatte sich solche aber darinnen verhärtet, und gleichsam versteinert, jedoch so, daß die Gebeine des Kopfes so glänzend wie Horn, und die inneren Theile aber nicht so hart wie die äusseren zu seyn schienen.


Mezeray. Hist. de France tom. 3. p. 28.

Quelle:
[Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine] : Medicinische Anecdoten. 1. Theil, Frankfurt und Leipzig 1767 [Nachdruck München o. J.], S. 195-197.
Lizenz: