Es ist ein ding gleich wie mans achtet.

Proxima rebus opinio.

[155] Allein der wohn ist reich oder arm. Wie ein ieder ein aug / vrtheyl / wag / vnd achtung vor jm hat / also seind jm alle ding. Der todt vnd jüngst tag seind grausam allen gotlosen / erwünscht aber allen gůthertzigen / Warumm: Jhene achtens böß / so ists jn also. Wie ein ieder glaubet / also geschicht jhm / wie einer ein ding acht / also ist es jm / ob es gleich an jhm selbs nit wenigers ist. Wer ein verkert vrteyl hat / vnd durch blaw baryllen sihet / dem můß ie alle ding blaw erscheinen. Dem febrigen ist alles ein gall / dem gottlosen ist auch sein leben / reichthumb vnnd alles ein pein / Esa. 57.[155] Dargegen auch der todt vnn armůt dem auffrichtigen ein gwinn / vrsach: Alle speiß ist nach vnserm mund / spricht Salomon Eccle. 7. gericht /vnd ein iedes ding wie mans acht. Der einn conterfeyen oder Messin fingerring trüge / gäntzlich beredt /vnd nit anders wehnet / dann er wer von gůtem gold /dem ist er also. Also ist armůt / elend / not / todt / etc. ob sie wol an jn selbs ein last vnd creutz sein / kein creutz / dann der es darfür halt. Der willig arm vnnd elend ist / dem ist armůt vnd elend kein creutz / weil ers gůt acht / vnnd ein iedes ding ist wie mans acht. Wer wol wehnet / dem ist wol / Wer einn wohn eins dings hat / der hat dassel big mehr / dann der es warlich hat / vnn aber nit acht / dz ers hab / Wer sich selbs schön achtet / oder einn wohn d' weißheyt hat angezogen / der ist fürwar jm selbs / nach der achtung seines hertzens / mehr schön / dann der gleich schön vnnweise ist / sich aber nit für schön vnn weise halt.

Wer in eim hüttlin sitzt / vnd mit wasser vnn brot jm wol laßt sein / gantz vernůget / dem ist wol / der ligt wol vnd lebt wol. Dargegē wer alles hat / vnd in einem Königklichen palast vnd saal sitzt in seinem thron / vnd nit vernügt vnnd mit jhm selbs zufriden /jm nit laßt wol sein / sonder noch immerzu auffgienet wie ein hungeriger wolff / vnd acht / voller begird / es mangel jhm noch vil / dem geht gwißlich vil ab / vnn kan nit wol sein / wie er selbs acht / Weil niemand gnůg hat / noch wol ist / dann der sich vernügen laßt /vnnd wol sein acht. Wer den wohn vnn achtung nit hat / der hat nicht / ob er schon alles hett / Widerumb wer wol wenet / vnd die achtung eins dings hat / der hats gewisser vnd warhafftiger / dann der es hat / vnn nit weyß / braucht / noch haben glaubt / wil / od' acht. Eimieden geschicht nach seiner achtung vnd glauben. Darumb ists nit gnůg ein ding haben / er můß auch die achtūg vnd wohn haben / on welche er nicht ist /hat / noch weyß.

Also wer das creutz böß / vnd armut ein leiden achtet / dem ist es also wie ers acht / vnnd weil ers nach der achtung seins hertzens böß acht / so fleucht ers /erst lauft jm armut / creutz / not / vnd todt nach / ie mehr ers fleucht / dann ie grewlicher ers acht vnnd fleucht / ie mehr drucken sie jn / vnd ligen auff seinem haupt.

Wer aber dem creutz sich ergibt / es dultig annimpt / dem höret es auff / ein creutz zusein / Ja ist jm kein creutz / sonder fleucht jhn. Je mehr mich eins dings ein grewel vnd vnwill ankompt / ie mehr ichs scheuhe vnnd fliehe / ie mehr laufft es mir nach / wie ich acht /Wer einen wolff hinder dem busch verdenckt / dem ist er schon darhinder / ob schon nicht da ist / so gar ists der wohn alles. Darumb bleibt es war vnnd gewiß /wer das creutz fleucht / dem laufft es nach / nach der achtung vnd grawen seines hertzens / Wer jhm aber entgegen laufft / vnn sein nit acht / den fleuchts / nach der verachtung seins hertzens. Drumm můß disen[156] auch der todt fliehen / vnnd zum leben dienen / so gar ists alles sein / j. Corinth. iij. Drumb ligt es nur daran / daß mann ein recht vrteyl vnd augen hab / vnd einn wohn in Gott anziehe / so kommen dem rechten in Gott alle ding recht / vnd můß alles sein wie er ist /Wie dargegen dem lincken alles linck / Auch das leben selbs der todt / wie jhenem der todt das leben.

Nun in weltlichen dingen / Lieber was ist doch gůts vnd köstlichs an allem gold vnnd gelt / dann alleyn die achtung / Sie sind an jm selbs nicht dann ein weiß vnd rot erd / sie bringen kein tugent / sie haben kein krafft wie ein Magnet / sie helffen weder für hunger odder durst / vnd haben in summa keinn vnderscheyd an der güte von plei vnd kupffer / Noch wirdt mann drumb erhangen / erstochen / mann setzt leib vnd seel / ehr vnd gůt daran / mann schifft drumb über Meer /Der Lantzknecht achtets höher dann sein leben / Der wůchrer vnd geitzig dann sein seel / Warumb: Da ist es in ein solche achtung vnd wohn kommen / daß es für all vnglück hilfft / vnnd adel / frommkeyt / weißheyt / ehr / vnnd alles mit sich bringt / was die welt hat. Die achtung macht die gantz welt zu schelmen /daß sie zum goldtklotz sagt: Du mein gott vnnd hoffnung / Hiob xiij. Ephe. v. Nun ist von natur ein iede fliege / schnack oder lauß edler vnd besser / dann alles gold vnd silber auff einn hauffen / das hat doch ein leben vnn empfindung in jhm / der acker vnnd baum einn nutz / die blům vff dem feld / ist bed ein lust den augen der menschen / vnnd ein nutz zur speiß des vihs / alleyn das eitel an jm selbs niemād nütz goldt vnd silber hat der thörecht wohn der menschen so groß gemacht / daß mann drumb vnder die erd gräbt / fert / vnd all berg außhölert / nur daß mann das rot vnnd weiß erdtrich find. O torheyt über torheyt. O uanitas uanitatum, & omnia uanitas, Eccl. Es ist wol ein wirdiger Gott der blinden abgöttischen welt / dem iederman dien / arbeyt tag vnn nacht / iederman lauff / stillsitz / kniebieg / vnnd von dem iederman rede / einander haw / betrieg / belieg vnd auffgeb / das kindt seinn vatter vnd můtter. Darumb erhebt sich Gottslesterung / meyneyd / böß gewissen /vnd mord / ehbruch / abgötterei / diebstal vnd alles übel.

Es ist ein rechter teuffel / abgott / vnnd vatter der lügen / aller welt. Wer kan aber der welt torheyt all verlachen / wann laub vnd graß eitel Democriti / oder Heracliti weren / köndten sie die torheyt der eiteln welt nit genůg belachen vnd beweynen. Es seind eben so vil narren vff erd / ja lügner vnnd vngerecht / wie vil menschen / Eccle. j. Psalm. xiiij Rom. iij. Mich. vij. Hose. iiij. Vnder dem flůch ligt alles / das nit widergeborn ist.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 155-157.
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