Vnd mit dem erwacht ich.

[246] Wem da träumet wie er gelt finde / oder etwas dergleichen / der ist frölich / aber als bald er erwachet /so findt er nichts. Wann er aber den traum nachsagē wil / so spricht er: Mich dauchte wie ich hette / etc. vnnd mit dem erwacht ich. Wir brauchen diß wort /wann wir iemand höflich lugenstraffen / als: Es saget einer ein historien oder geschicht / von wilden seltzamen dingen / vnd dieweil vns duncket / es sei ein gedicht / lassen wir jn reden biß anns ende / darnach sagen wir: Vnd mit dem erwacht ich als sprechen wir: Es hat dir geträumet / es ist ein lugen. Es ist ein sag /daß in einer statt ein junger gsell mit seinn gesellen auff den marck gangen / ist eins weibs ansichtig worden / von der er gsagt zů seinen gsellen / doch also /daß es die fraw hören solt: Wann mich die fraw wolte ein wenig lieb haben / ich wolt jhr die jarzerung schencken / die mir ietzt mein vatter geschickt hat /Die fraw war auch ein leichte habe / wendet sich vmb vnd spricht: Es seind zwo grüne seulen / vnn ein roter steyn / kämestu darfür / wer weyß was dir widerfůre.[246] Der gsell geht heym / gedenckt / was das sein mög /In dem er also geht / findet er ein hauß das was steynē / hübsch gemalt / der eingang war grün angestrichen /vnnd die thür rot / Er hat acht wer in dem hauß wonete / findet endtlich / dz die fraw in dem hauß wonet /die solche wort zů jm hette lauten lassen / wirt von jr eingelassen. Nun war der frawen mann ein kauffmann / der groß gewerb hette in andern landen / also auch /daß er můste / wann jn sein zeit traff / in frembde land reysen / vnn was eben diß mal nit anheymisch. Diß weret fast ein weil / Da aber die fraw mercket / jr haußwirt würde schier kommen / verschickt sie den gselln in frembde land / Er name gelt vnn seinn abscheyd von jhr / der meynung / er wolte das Welsch land besehen. Vnn in dem er Rhom vnn Lombardien besichtigt het / kōpt er gen Venedig inns Teutsch hauß / da er fande vnder andern auch einn erbarn kauffmann / der frawen mann / daruon wir zuuor gsagt haben / er kennt jn aber nit. Des abends laden den jungen gesellen die andern kauffleut / fragen jhn /wo er her komm / vnd wo er hin wölle? Er antwort /Er komme von Rom / vnd gedenck wider inn Teutschland / dann er habe schier nimmer zerung. Nach essens da man auffgehaben hat / spricht der frawen mann / Wir haben nun gessen vnnd wol gelebt / Auff daß wir aber auch ein ergetzlicheyt haben / vnnd vns die zeit nit lang werde / so wöllen wirs lassen vmbgehn / daß ein ieder sage / wie es jhm sein lebenlang auff der bůlschafft gangen sei. Dann diser gesell / der bei mir sitzt / sihet mich an / als wiß er auch etwas drumb. Sie sagten alle / Es kōpt an disen gsellen auch / er wehret sich lang / zuletst sagt er doch was er wüßte / vnnd erzelet jnen am tisch / wies jhm an dem ort ergangen sei mit den zweyen grůnen seulen / vnnd roten steynen / etc. Dem kauffmann fellt nichts gůts zů / sonderlich da er die zeit rechnet / findet er / daß es eben in seinem abwesen gschehen sei /zů dem so ist sein hauß also geferbet / mit zeychen /die er auß des jungen gesellen red gemerckt hette /von dem gespräch vnnd worten der frawen / er ließ sich aber nicht mercken.

Des andern tags fragte er den gesellen / ob er sich nit gedencke zů eim kauffmann zubrauchen zulassen. Vnd da er antwort / er sei es willens / nimpt jn der kauffmann zum diener an / allein der vrsach halben /daß er wöll die warheyt erfaren mit seinem weib. Sie ziehen mit einander von Venedig auß / kommen für die statt / dauon der jung gsell gsagt hett / es wer jm wol da gangen / Der kauffmann zeucht mit seinem knecht ein / eben zů den zweyen grůnen seuln vnd dem roten steyn / Die fraw entpfahet den mann / sagt /wie hoch sie seiner zůkunfft erfrewet sei / vnd fragt wies jm ergangen sei auff der schweren fährlichen reyse / etc. mit erzelung / wie sie sich dieweil gesehnet vnd betrübt / hab grosse sorg vmm in getragen /[247] er soll sein gůte freund laden zuabend / sie wiß fürwar /sie werden alle seiner zůkunfft von hertzen erfrewet sein. Der knecht zeucht dem herrē die stifel ab / macht sich kuppelich / vnn nimpt sich keins dings an. Da nu die freund kommen zum abentmal / můst der knecht /wiewol er sich wehret / auch mit zutisch sitzen. Nach essens sagt der kauffmann den gesten / wie er also einn feinen knecht überkommen / vnnd von Venedig mit herauß gebracht habe / sie werden von jm hören /das sie jr lebenlang nie mehr gehört haben / vnd sag an / spricht er / das du mir vnn meinen gsellen zu Venedig sagtest / wie es dir vff der bůlschafft gsngen sei. Er hebt an vnnd sagts alles / allein zuletst henckt er dran: Vnd eben in dem erwacht ich. Ists ein traum gewesen / sagt der kauffmann: Nun hab ich auff gůten glauben gemeynt / es sei dir also ergangen / vnd eben mein weib gewesen / Wolan da hast ein ritterzerūg /ich binn einer grossen sorg loß. Also brauchen wir nun dises worts zum schertz / wann wir sagen: Es sei nichts gwesen dann ein traum vnnd loser gedancke /von vns vnd von andern. Wir brauchens auch für frölich werden / Als wann man vns was saget / das wir gern hören / so wir zuuor betrübt gwesen. Do ich das hört / da erwacht ich / das ist / Das geblůt ward mir frischer / vnnd ich ward frölicher. Dann wer vom schlaff erwachet / der ist eben als stünd er von den todten auff.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 246-248.
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