Was mann Gott auffopffert / ist wol halb verloren.

[209] Mann pflegt nicht Gott zu ergeben / dann in der letzsten not vnnd verzweiflung.

Mann versůcht vor ehe alle ding / ehe mann zu Gott fleucht / vnd ein zůflucht hat. Wann wir vns allenthalben verthůn / vnd nit mehr wissen wo auß / so můß Gott gůt gnůg sein / vnd vnser warten / wann wir kommen / daß er dann thůt / wo wir jn zuletzst nur recht sůchten / vnd nit mehr auß verzweiflung / daß wir sonst keinen Heyland wissen / sonder die letst not vns fälschlich zubitten anleert / dann höret er vns wie wir bitten / daß es wol halb verloren ist / was mann Gott auff gibt. Also pflegt mann die krancken Gott zu ergeben / die die seel vnder den zenen haben / vnnd mann nicht weiter rath mit jhnen weyß. Also laßt mann Gott walten / vnnd setzt es auff ein abentheur hinein / wenn mann in verzweiffelten sachen nit weiter kan. Mann můß auch hie mit Christo vor der welt vndē ligen / leiden / vnn ans creutz / nit sigen vnn ehr einlegen / das alleyn vor Gott war ist. Daher ist das sprichwort entstandē / daß mann spricht: Was mann Gott ergibt / ist wol halb verloren.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 209-210.
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