Wer kan einem ieglichen ins hertz sehen.

[111] Wer handeln vnnd wandeln wil auff erden / der můß mit worten kauffen vnnd verkauffen / er můß den worten des mannes glauben geben / sein hertz kan er nicht kennen. Wann nun iemandt von andern überuorteyle wirt / befindet er vntrew vnnd vnglauben / so er doch zuuor so vil hüpscher gůter wort gehört hat / die der that vngleich sind / der spricht: Wolan ich her gemeynt / es were hertz vnnd[111] mund ein ding / ich hab jm trawet / wie solt ich jm anders thün / ich hab jm nicht können ins hertz sehen. Gott aber jrret nicht inn worten noch wercken / dann er ist ein hertz kenner. Alle menschen müssen jrren / dann sie müssen nach dem eusserlichen richten / Gott betreugt niemand / niemand kan Gott auch betriegen / die menschen aber betriegen vnd werden betrogen. Wann Gott vonn menschen redt in der heiligen schrifft / so sagt er / Es sind menschen kinder / die da andere triegen / vnd widerumm von andern betrogen werden. Johannes sagt im Euangelio / Christus / da er zu Hierusalem war /glaubtē vil an jn / aber er vertrawet sich jnen nit /dann er kennet sie alle / vnnd bedorfft nit / daß iemandt zeugniß gebe von eim menschen / dann er wußt wol was in dem menschē war.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 111-112.
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