Wer vil fragt / geht vil irr.

[282] Vil fragens ist vnwerdt. Frag vil / so erfertstu vil. Wer vil fragt / der wirt vil innē. Wer sich fragens schämet /der schämpt sich lernens. Wer vil fragt vnd loset / der erfert vnd höret eben so bald das er nit gern hört vnn[282] weyß / als das gern. Item / wer vil fragt / der geht vil irr / dann da weiset einer jhn da hinauß / der ander dort / der zeygt vnn radt jm das / der ander diß / daß er zuletst gleich / als der vil weg vor jm hat / irr geht /vnd nit weyß was er thůn soll / oder wo hinauß / Sonderlich ist im glauben vil fragens gefehrlich / dann da zeygt jhm ieder seelartzet ein sonder pflaster / Dann jn ist wie den Balbierern vnd leibärtzten oder Zanbrechern / darmit ein ieder dem andern seine kunden absetze / vnd man jn nachlauffe / rümet er sich einer sondern artznei / vnd eins nahenden gewissen wegs zum himel. Da laß nun vil fragens sein / vnd kere zů Gott vnnd der heiligen schrifft ein / nimm nicht an /dann das sich mit deinem hertzen vnd dem sinn der heyligen schrifft übertregt / vnd das vor in dein hertz geschriben / vnnd darmit dein gewissen überzeugt ist / Laß dir nit meußdreck für pfeffer einschwetzen / ein brandtmal ans gewissen brennen / das ist / etwas zu sünd oder recht machen / daruon die schrifft dem gewissen nit weyß oder empfindet / sonder versůchs vnnd erfars alles / bleib inn / vnd frag hie nicht vil /man wirt dir sonst mehr sagen / vnnd abweg zeygen /dann dir lieb. Du můst vrtheyln / vnd das vrtheyl bei dir selbs beschliessen. Es stehet nit vergebens Christi warnung da / Geht von jhn auß / laßt sie faren / hüt euch vor dem saurteyg / etc. Ihr solt der Propheten wort / so selbs zů euch kommen / vnnd vngefragt vil sagen / nit hören. Das sprichwort wil / dz wir sollen von Got fragen / leeren / hören / vom vatter der liecht vmb radt vnnd weißheyt bitten / sonst wirts vns gehen wie dem frewlin / das den zanbrechern wol zwölff jar war nachgelauffen / vnd ie irriger vnd kräncker ward /biß sie den eynigen rechten artzt den sie zuerst solt gesůcht haben / fande.

Das gegen sprichwort wil / wer gern fürwitzig /alles. erfaren vnnd vil wissen wil / der sei Hans in allen gassen / Zacheus in allen zechen / ürten / vnd kirchweihen / baden / balbierheusern / vnd frage vil /der wirt vil innen / aber nicht dester weiser oder werder gehalten / dann man wirt jn für einn leichten mann vnn kundtschaffter achten / so wirt er durch diß fragen der newen meer nit dester weiser / sonder erfert eben so bald das jn irr vnd zum narrn machet / als weise /darzů kan er vor vil fragen vnn hören / nicht behalten / sonder geht jm zů einem ohr ein / zum andern wider auß / vnd gewehnet seine ohrn daran / nicht zubehalten / sonder all tag etwas news zuhören vnd fragen /vnd wirt vnwerder dardurch / dann ein würffel auff dem altar.

Zum andern thůt auch inn eussern künsten / die man durch vilfragen vnnd üben můß lernen / vil fragens wol / dann man spricht: Wer sich fragens schämet / der schämet sich lernens / Wer vil fragt der erfert vil / vnnd wirt vil innen. Auff die leerjunger sihet diß sprichwort /[283] den stehts nit übel an vil fragens /das sie nicht wissen / doch můß auch ein maß haben /daß er mehr lerne dann frage / vnd was er ein mal gefragt vnd vnderwisen ist / behalt / vnd nit zehen mal ein ding frage / er wirt sich sonst vnwerdt machen.

Wer weise vernünfftige leut fragt / der irret nicht /Dann Salomon sagt / Wer weißheyt höret / der wirt immer weiser / wie im andern bůch Samuelis geschriben ist / das die Königin auß Reich Arabien ghen Hierusalem kommen ist / vnd habe den König Salomon gefragt / der sie berichtet hat / alles was jr hertz begerte.

Zů dem so ists ein zeychen / Wer gern andere weisere fragt / daß er sich mit fleiß vmb einding anneme /vnd wolt gern grund der sachen wissen / růwet auch /vnd feirt nicht / biß ers wisse vnd erfare / vnd solt er auch alle die fragen / die darumb etrvas möchten wissen.

Nun ists waar / weisen leuten thůts wol / wann man sie vmb das das sie wissen / fragt / Es kan sich auch wol zůtragen / daß sie / wann es des fragens zuuil ist /oder auch zů vnzeiten geschicht / iemands übel abweisen / Noch irret der nit der da fragt / Ob er schon vnderweilē übel bericht wirt.

Zum letsten / Wer nit andere fragt / die weiser sein dann er / der ist ein narr / vnn gfellt jm sein weise am besten / sonst würde er befinden / daß immer einer des andern bedarff / vnd ist jhm niemands selbs weiß genůg. Item / daß jhm noch vil an radt vnnd hülff mangelte / würde auch gern weiser vnnd verständiger leut rath holen / vnd dem folgen.

Wer aber vil fragt die narren vnd vnuerständigen /der můß vil irren / dann er erfert vō den vnweisen vil närrischer / loser / vnnützer red vnd antwort / die jhn nur irriger machen / vnd nicht bessern.

Hiob 33. stehet geschriben / Was Gott ein mal sagt / darnach soll man nit fragen / ob es recht sei / da gilts nicht fragens / sonder glaubens / Ein Christ hat kein warumb. Got sagte zů Adam vnd Heua im Paradeiß /Sie solten vō allen früchten aller bäum essen / allein der frucht eins eynigen baums / des gůten vnn des bösen / solten sie sich enthaltē. Da sie aber nun hierüber vil fragten / richteten sie den jamer vnnd das elend an / darüber wir noch ietzund zubüssen haben. Da ware es waar / Wer vil fragt / irret vil / Dann den sie fragten / der meynets nit gůt mit jnen / drumb můsten sie irren.

Quelle:
Egenolff, Christian: Sprichwörter / Schöne / Weise Klugredenn. Darinnen Teutscher vnd anderer Spraach-en Höfflichkeit [...] In Etliche Tausent zusamen bracht, Frankfurt/Main 1552. [Nachdruck Berlin 1968], S. 282-284.
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