Vorrede

[3] Ist das eine Vorrede? – Das weis ich in Wahrheit selbst nicht, denn mein Plan ist sonderbar, und noch sonderbarer vielleicht seine Ausführung.

Sonst das Wesentliche einer Vorrede, das Lob des Werks lasse ich geflissentlich hier weg, weil es blos Thatsachen schildert, die eine meiner Freundinnen, ein Frauenzimmer, das überall mit richtiger Beurtheilung von dem Aeußern auf das Innere[3] zu schließen vermochte, aus Beobachtungen der Handlungen, – aus dem Vertrauen ihrer Freunde und Freundinnen, – kurz – aus der Nebenmenschen Schicksalen sich sammelte.

Zu gerne entlehnte ich dann aber doch noch das Ansehen einer Vorrede, um dieser meiner Freundinn öffentlich für das Vertrauen zu danken, womit sie mir ihren Aufsatz, nach Willkühr und Gutbefinden in allem abzuändern, übergab, und um mich zugleich bey ihr zu entschuldigen, wenn vielleicht hie und da eine launigte Stelle, die das Gepräge der Heiterkeit ihrer Schöpferin an der Stirne trug, unvorsätzlich[4] unter meiner Feder ins ernsthaftere sich umwandelte. Dazu ist schon unsre Natur gestimmt, und selbst im Gemählde der Welt ist der männliche Ernst Schatten gegen dem weiblichen Witz, der so oft Licht verbreitet.

Was aber den Vortrag, den Zusammenhang dieser Skitzen betrifft, so muß ich nur selbst bekennen, daß ich weniger darauf bedacht war, als auf den Wunsch, daß nur einige wenigstens aus dem guten Rath, den gemeiniglich die Erfahrung eines dritten zu geben pflegt, den Theil, der ihrem Zustand der nächste ist, herausnehmen, – und unvermerkt[5] diese Wahrheit liebgewinnen möchten: daß sie nie Friede in ihrem Herzen, nie Beruhigung in ihren Begierden finden werden, wenn sie je die Hallen des Leichtsinns betreten.[6]

Quelle:
Marianne Ehrmann: Philosophie eines Weibs. [o. O.] 1784, S. 3-7.
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