III. Brief

[10] Acht Uhr vorbey! – Und dennoch ist Ihre Antwort nicht da! Dafür wünsche ich Ihnen ein andermal eine ähnliche Folter, wenn Sie auf etwas paßen! Sie kennen doch, dünkt mich, meine feurige Ungedult so ziemlich? Aber vielleicht hat man Sie am Schreiben gehindert? Wie ich alle Entschuldigungen hervorsuche, um mich zu beruhigen! In unserer Lage ist Furcht und Angst ganz natürlich, weil von allen Seiten Niederträchtige uns stören möchten! – Gestern paßierte ich den halben Tag bei der Freundinn K.... – Gott! Was dort für herzige kleine Kinder sind! Nachher gieng ich zu einer andern Freundinn, die hat mich wegen Ihnen in die Preße genommen, oder noch beßer mit unzeitiger Moral gemartert! Sie weiß dem ohngeachtet nichts positives, nur sagte sie, meine Schwermuth verriethe Seelen-Krankheit. – Kann seyn, sagte ich, und wurde über und über roth! – Aber weißt du was, lieber Friz! Morgen will ich wieder etwas von dir lesen, eh ich ausgehe, und dann dafür ein paar Duzzend Küße von Deiner guten

Nina.

Quelle:
Marianne Ehrmann: Nina’s Briefe an ihren Geliebten, [o. O. ] 1788, S. 10.
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