[780] Nacht. Freier Platz, im Hintergrunde das Schloß Marienburg, zum Teil von Flammen beleuchtet. Kriegslärm in der Ferne. Friedrich von Kinthenau und Hanns von Polkau treten von verschiedenen Seiten auf.
KINTHENAU.
Wer kommt da?
POLKAU.
Hanns von Polkau.
KINTHENAU.
Hat dich auch
Der kecke Überfall herausgelockt
Aus deinem stillen Baue, alter Fuchs?
Ich denk, heut nacht wird dieser Pfaffenritter
Hochfahrnder Sinn gebrochen, und ein simpler
Landritter auch einmal im Preise steigen.
POLKAU.
Steck nur dein Denken wieder in die Tasche.
Soeben kam mein Diener von dem Kampf:[780]
Sie hatten Wittrung drin, noch eh die Polen
Recht wußten, wo hinein. Der Plauen merkt's.
KINTHENAU.
Nun dieser Plau'n ist recht des Teufels Spürhund!
POLKAU.
Horch, immer lauter wächst das Kriegsgetümmel
Und hieher wendet sich der wilde Klang.
KINTHENAU.
So komm! Am schlimmsten zwischen zwei Parteien
So mitten stehen in der falschen Stille.
Man darf uns hier nicht schleichen sehn. Ich sammle
Die Meinen schnell, und jag den mit, der flieht.
POLKAU.
Das, Kinthenau, das ist es just die Schmach,
Wie feiler Hunde Schwarm, so an die Fersen
Gekoppelt dieser übermüt'gen Ritter!
KINTHENAU.
Laß nur! Gewaltig kreißt die wilde Nacht,
Wer sagt voraus da, wie das enden mag!
Beide ab.
Czervany und Langschenkel kommen eilig von der entgegengesetzten Seite.
CZERVANY. Der Tausend! ich bin da herausgeflogen, ich weiß selbst nicht wie!
LANGSCHENKEL. Der Plauen hat uns wie Bomben herausgeschossen nun können wir hier draußen vor Ärger zerplatzen.
CZERVANY. O Glück! Glück! was soll aus klugen Köpfen werden, wenn du nicht gleichen Schritt hältst mit dem Verstande!
LANGSCHENKEL. Du schrittst jetzt ein wenig zu lang aus, es kann dich nicht einholen.
CZERVANY. Hör nur das würgt und kollert in der dicken Nacht wie verbissene Hunde und Katzen durcheinander aber es schadet nichts, ich mach mich doch bezahlt! das polnische Lager steht jetzt leer, da gibt's noch Rosenobles genug ich geh hin, und mache mich bezahlt!
LANGSCHENKEL. Wahrhaftig, alter Schariwari, wenn dir Fortuna ins Gesicht schlägt, gibt's artige Funken! Geschwind fort ins Lager, eh die andern nachstürzen! Ein rechter Soldat ist überall der Erste!
Sie wollen abgehn.
WUTTKE mit gezogenem Schwert ihnen entgegen. He Hollaho! Mord! Pest! Brand!
CZERVANY. Bist du toll? wir sind ja von uns!
WUTTKE. Das ist mir alles gleich! Ihr just habt mich in das[781] Pech gebracht, daß ich Stiefel und Reputation drin steckenlassen muß die ganze Welt ist ein feuerspeiender Berg, der uns ausspeit! Oh!
LANGSCHENKEL. Beiß dich in die Nase, Wuttke, beiß dir ein Ohr ab, das ist gut für jähe Wut.
CZERVANY. Nimm doch nur Vernunft an, ehrlicher Wuttke!
WUTTKE. Wer kann mich dazu zwingen? das will ich doch sehn!
Er fällt sie an.
LANGSCHENKEL. Frisch Czervany! den Kerl muß man in sein eignes Bestes hineinprügeln.
Sie treiben den Wuttke hinaus.
Ein polnischer Hauptmann und Soldaten fliehend.
HAUPTMANN.
Horcht wie die Windsbraut, stürzt's sich in die Nacht
Hoch über uns hinweg.
ERSTER SOLDAT.
Auf unsichtbaren
Luftrossen reiten schreckliche Gestalten.
ZWEITER.
Wie gräßlich leuchtet dieser Brand hinaus
Weit in das Feld und übers leere Lager,
Verwirrend Angst und Flucht!
ERSTER.
Fort! dort hinaus!
ROMINTA ganz gewaffnet, ihnen entgegenstürzend.
Zurück da, hünd'sche Knechte ihr des Glücks!
Wollt ihr, daß eure schandbefleckte Namen
Kindskinder von Geschlecht einst zu Geschlecht
Mit Stachelreden peitschen? Steht! wie hoch
Denn schlagt ihr euer lump'ges Leben an,
Wenn ihr's nicht setzen mögt an solche Stunde!
ZWEITER SOLDAT.
Mach Platz da, grauenhafte Kriegeshexe!
Sie eilen ab.
ROMINTA.
Wär ich ein Mann!
HAUPTMANN ihre Hand ergreifend.
Ich kenn dich komm! Noch ließ
Der Tod hier eine stille Gasse offen,
Ich führ ins Feld dich durch die Flammen. Fort!
Der Plauen bricht sogleich dort aus dem Tor.
ROMINTA.
Dort, sagst du, aus dem Flammentore kommt er?
Sag schnell, woran erkenn ich ihn?
HAUPTMANN.
Was sinnst du?
ROMINTA.
Nein, geh du nur.
[782] Sie stellt sich an der äußersten Seite der Bühne hinter einen Stein und legt ihre Armbrust auf das Tor an.
HAUPTMANN.
Ich kann dich hier nicht lassen.
Was zielst du in die öde Nacht?
ROMINTA.
Wer ist
Der Furchtbar-Schöne in den Feuerwogen?
Die Fahne hält er hoch empor, wie 'n Cherub
Mit goldnen Flügeln in den Flammen schlagend
Entsetzt weicht alles, ihm gehorcht die Schlacht
Jetzt wendet er sich
Plauen mit Schwert und Fahne erscheint im Getümmel auf der Mauer.
HAUPTMANN.
Weh! der Plauen!
ROMINTA läßt plötzlich ihre Armbrust sinken.
Der?
HAUPTMANN.
Um Gottes willen, fort! wir sind allein schon
Eil, eh der Sturmeswirbel dich erfaßt!
ROMINTA die fortwährend nach der Mauer hingestarrt, plötzlich auffahrend.
Ja fort! Führ mich hinweg, weit weit von hier!
Beide ab.
Polen, im Kampf mit Ordenssoldaten, fliehen über die Bühne. Im Hintergrunde sieht man Plauen, Graf Günther von Schwarzburg und mehrere Ordensritter.
PLAUEN.
Setzt ihnen nach! Wer sah den Wirsberg heut?
SCHWARZBURG.
Ich, Herr. Das Haar gesträubt, bleich, zähneknirschend,
Wie 'n grauenhaft Gespenst, teilt' er die Flammen
Und stürzt', uns allen vor, sich auf den Feind.
PLAUEN.
Eil, faß ihn mitten aus dem Mordgetümmel.
Und lad zum Morgenrot ihn vor Gericht!
SCHWARZBURG.
Gericht? den Wirsberg?
PLAUEN in die Ferne schauend.
Dort hinaus die Reiter!
Sie stehn noch einmal laßt sie nicht verschnaufen!
Mehr Fußvolk noch zum Wald! das stockt und ringt!
Draußen Glockengeläut und Jubelruf.
Jetzt wenden sie sich unabsehbar wälzt
Im Widerschein der Flammen sich die Flucht,
Sturmglocken hör ich gehn von Dorf zu Dorf,
Das Land ist frei!
Er fällt auf die Knie.
Du hast's getan! halt fest mich
In diesem Sturm der Freude, starker Gott!
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