Die Werber

[93] »O Frühling, wie bist du helle!

Ade nun Hof und Haus!«

Und jubelnd auf den Schwellen

Mit fröhlichen Gesellen

Wandert der Dichter aus.


Doch ihre Lieder wecken

Rings leises Zischeln bald,

Kobold' aus allen Hecken

Erweisen sich mit Necken

Gar wunderbar im Wald.


Zu Roß, so schön und wüste,

Ein hohes Weib fliegt her,

Behelmt, entblößt die Brüste,

Ihr Aug weckt wild Gelüste,

Sie heißt Soldatenehr.


Ihr nach aus Felsenritzen

Schaun graue Wichte klein,

Verstreun von ihren Mützen

Dukaten rings, die blitzen

Blutrot ins Land herein.


Der Schlauste gar durchs Blaue

Als Flügelbübchen schwirrt,

Führt über Berg und Aue

Daher die schönste Fraue –

Die macht erst all' verwirrt.[93]


Und der Dichter in dem Toben

Steht einsam auf der Höh,

Die andern sind zerstoben,

So still nun ist's da oben,

Sein Herz tut ihm so weh.


Er hört der Quellen Gänge

Durch die Waldeinsamkeit,

Da sinnt er auf Gesänge,

Die Welt gibt volle Klänge,

Sein Herz wird ihm so weit.


Und jeden Frühling wieder

Von der schönen Jugendzeit

Singt er vom Berg hernieder,

Und Heimweh faßt die Brüder,

Die in dem Tal zerstreut.


Quelle:
Joseph von Eichendorff: Werke., Bd. 1, München 1970 ff., S. 93-94.
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