Gedenken

[63] Schöner Herbst, du sei gepriesen,

Winzer mir und Winzerin!

Unter Spiel, Gesang und Tänzen

Eilte froh der Tag dahin.

Duftig stieg die Nacht hernieder,

Und nur voller tönt der Chor,

Und der Fackel lustge Flamme

Brauste mit dem Wind empor –

Auf den Hügeln, schwellenden Rebenhügeln.


Aber, Königin der Feste,

Deiner denk ich immerdar –

O! ich war so überglücklich,

Als ich um die Holde war!

Süßes seliges Begleiten,

Trautes Beieinandersein,

Stumme Sprache mit den Blicken,

Unter Liederklang und Wein –

Kehret wieder, frohe schöne Tage!


Jaget nicht so rasch, ihr Wellen,

An Erinnerungen reich!

Habt ihr, sprecht, sie nicht gesehen,

Schickt sie keinen Gruß mit euch?

Droben an den Rebenhügeln

Floßt vorüber ihr einmal,

Schautet ihr herunter grüßen

Nicht zwei Augen in das Thal,

Thränenvolle schöne blaue Augen?

Quelle:
Ludwig Eichrodt: Leben und Liebe, Frankfurt a.M. 1856, S. 63-64.
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