Nachhall

[53] Wie soll ich lernen ihn vergessen

Den heißen, einen, letzten Kuß!

O schilt ihn, Theure, nicht vermessen

So schmerzvoll süßen Abschiedsgruß!


Wer wollte weise sich bewachen,

Wenns heilig in dem Busen brennt –?

Die Welt mit ihren sieben Sachen

Verschlang der festliche Moment.


Laß, lasse mir von deinem Bilde

Die selige Erinnerung!

Des Auges Hoheit, Muth und Milde!

Und der Gestalt beseelter Schwung!


Ja führet wieder uns zusammen

Dereinst ein gütiges Geschick,

Ich glaube, jene ächten Flammen

Sie rufen den Moment zurück.


Dann Wonne! liebend hangen dürfen

An deinem Mund und hehrer Lust

Geheimnißvollen Nektar schlürfen,

Ach, aus dem Athem deiner Brust!
[54]

Was auch die Stunde von uns fodre,

Was des Gefühls beschwingte Kraft

– Als ewge Poesie verlodre

Das Feuer unsrer Leidenschaft!

Quelle:
Ludwig Eichrodt: Leben und Liebe, Frankfurt a.M. 1856, S. 53-55.
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