Volksthümlich

[78] Zürnt ihr, daß ich einsam wandle,

Weder gut noch schlecht mehr handle,

Daß ich nimmer fröhlich bin –

Schmerzen hab ich viel erworben,

Ach! die Lieb ist mir gestorben,

Ach die Liebe ist dahin!


Täglich muß ich mirs gestehen,

Um in Thränen zu vergehen,

Einmal hab ich nur geliebt.

Kann die Liebliche nicht missen,

Will von keiner Andern wissen,

Und zum Tod bin ich betrübt.
[78]

Diese fürchterlichen Leiden

Können nun von mir nicht scheiden,

Und allmälig wird mirs klar,

Wie schon manche starke Seele,

Schmerzlich fühlend, was ihr fehle,

Nach dem Grabe lüstern war.


Bald auch werd ich nimmer leben,

Und der Hügel wird sich heben

Ueber mir und meinem Schmerz –

Traurig macht mich der Gedanke,

Daß ich so zur Grube wanke,

Aber brechen muß dies Herz.

Quelle:
Ludwig Eichrodt: Leben und Liebe, Frankfurt a.M. 1856, S. 78-79.
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