Erster Auftritt.

[101] DER OBERST allein. Nach der Uhr sehend. Zu frühe! Ich gab mein Wort auf zwei Stunden. Er wird sich beleidigt finden. – Und doch – wenn ich hier in Person erscheine, und zum letzten Mal Gnade anbiete, und man sie ausschlägt; – was kann er sagen? was fällt für Vorwurf auf mich? – Der Zweck, wozu ich nachsichtig war, ist verfehlt; ich höre auf es zu seyn. – Nach einigen wilden Schritten. Teufel! dass ich die Fassung verlor! dass ich so schnell von Ton und von Vorsatz absprang, da er so heimtückische Reden führte! da er mir mit so argwöhnischem Blick in den Busen schielte, als ob er[101] wüsste, dass da Geheimnisse schliefen! – Stillstehend. Was wird er; was kann er wissen? Von wem? – Dunkle, schwankende Ahnungen mag er haben; das sei! Darf er die laut werden lassen? – Wieder umhergehend. Ich muss jetzt um so kühner und um so fester verfahren; bei Gott! das muss ich. – Bisher kann's noch die Achtung für ihn, die Achtung für sein Haus, für den General, seinen Oheim, erklären: – Wie zu einem Andern redend. »ich hab' ihn nicht wollen unglücklich machen; hab' ihn nicht bis zur Wuth treiben wollen; er war schon auf dem Puncte, sich zu vergessen:« – das, denk' ich, klingt so freundschaftlich und so wahr! Aber nun, wenn ich noch weiter gefällig wäre; – ich stände bloss. Ich wär' auf ewig sein Sclave. – – Hindurch denn! Hindurch! Zuversicht und kalte Entschlossenheit wirken Wunder.[102] Also hindurch! – – Indem er hinter sich droht. Wär't Ihr gekommen, Ihr Unglücklichen; wär't Ihr gleich Anfangs zu mir gekommen: vielleicht – – Aber dass Ihr Euch an ihn wandtet; an ihn, den ich hassen muss, weil ich athme; an den Verräther! – Mit dem Stocke aufstossend. Heraus! Niemand da?


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J[ohann] J[akob] Engel: Eid und Pflicht. Berlin 1803, S. 101-103.
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