Ein Frühlingslied

[45] Ein Vöglein fliegt im Winde

Mit seinen bunten Flügeln

Und kann sich gar nicht zügeln.

Wie fliegt es so geschwinde,

Das kleine Vöglein Hoffen;

Die Welt steht ihm ja offen.[45]


Ein Mägdlein geht im Garten,

Jungfräulich schon zu nennen.

Die ersten Tulpen brennen,

Die ersten Veilchen warten.

Es lugt nach einem Kränzlein

Und sehnt nach einem Tänzlein.


Und wo willst du denn tanzen gehn,

Du junge Freude, du?

Soweit die weichen Winde wehn,

Soweit in hohem Bogen

Das Hoffen ist geflogen,

Das liebe schnelle Vögelein,

So weit – willst du mein Tänzer sein? –

Trägt mich mein goldner Schuh.


Quelle:
Gustav Falke: Ausgewählte Gedichte. Hamburg 1908, S. 45-46.
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