Das Symolum S. Athanasij

[813] zur erläuterung des Apostolischen, der person Christi halben, wider etliche besonder Ketzer, gestelt: jtzund zu nutz der jugend, den leichtlicher zu begreiffen, lehrnen, betten vnd zusingen, fast von wort zu wort in Reimen gefasset.


1.

Wer da selig werden wil

mus haben vor all dingen

Des recht Christlichen glaubens zil,

so wird jm nicht mislingen.


2.

Welcher den nicht hält gantz vnnd rein

wird on zweiffel verloren,

Dis aber ist der recht allein

vnnd Christlich Glaub erkoren,


3.

Das namlich wir ein einigen Got

in drei personen ehren,

Vnd drei personen vnzerrot

in einiger Gotheit lehren,


4.

Vnd in einander zweifelhafft

nicht die personen mängen

Noch Göttlichs wesens eigenschafft

zertrennen noch beträngen.


5.

Es ist ein andere person

der Vatter dan sein gsanter

Der ewig eingeboren son,

der heilig Geist ein ander.


6.

Aber der Vatter, Son vnd Geist

ist ein einiger Gotte,

In herlicheit gleich allermeist

vnd ewiger Maiestate.


7.

Vnd welcherlei der Vatter ist,

solcherlei ist der Sone,

Vnd solcherlei ist auch zur frist

der heilig Geist so frone.[813]


8.

Der Vatter ist geschaffen nit,

desgleichen nit der Sone,

Der heilig Geist zugleich darmit

ist kein geschöpff noch wone.


9.

Der Vatter ist onmäslich gar,

der Son ist auch onmäslich,

Der heilig Geist onmäslich zwar;

vnd ist ein Got doch wäslich.


10.

Der Vatter ewig, ewig der Son,

der heilig Geist dermossen,

Doch nicht drei ewig zu verstohn,

ein ewiger ist bschlossen.


11.

Gleich wie auch nit ongschaffen drei

noch drei onmäslich leben,

Sonder nur ein ongschaffner sei

vnn ein onmäslicher eben.


12.

Der Vatter ist allmächtig gar,

der Son ist gar allmächtig,

Der heilig Geist allmächtig zwar,

vnd seind doch gar einträchtig.


13.

Dan nit drei d' almächtig seind,

sonder ein almächtiger,

Weil dan die allmacht ist verfreund,

so red man bedächtiger.


14.

Der Vatter ist Got, d' Son ist Got,

auch Got der heilig Geist,

Doch nit drei Got, der Heidnisch spot,

sond' ein Got, den preist.


15.

Also der Vatter ist der Herr,

der Son ist auch der Herre,

Der heilig Geist der ist auch der,

doch ist ein Herr, nicht mehre.


16.

Dan wie wir müsen eigentlich

nach Christlicher warheit nennen

Ein jgliche person für sich

Herrn vnd Got bekennen,


17.

Also können wir on gespöt

nit im Christlichen glauben

Nennen drei Herrn vnd drei Göt,

sonst wurd man Gots ehr raubē.


18.

Der Vatter kan vō nimand sein

gmacht, gborn noch geschaffen,

Der Son ist vom Vater allein,

nicht gemacht noch beschaffen,


19.

Sonder geborn von Ewigkeit,

der Geist vō Son vnd Vatter,

Ist nit geborn, geschaft, bereit,

sonder aus beiden gaht er.


20.

So ist also ein Vatter nun,

mit drei Vätter auffs neue,

Nicht drei Sön, sonder nur ein Sun,

ein heilger Geist, nicht dreie.


21.

Vnd vnder den personen drei

ist kein die letzst noch erste,

Auch, das man solches mercke frei,

ist kein die kleinst noch gröste,


22.

Sond' all drei personen sind

gleich ewig vnd gleich grose,

Auff das sich hidurch klar besind

wie man vnd welcher mose


23.

Drei personen in einer Gotheit,

ein Got in drei persoē

Hie sol ehren recht on bosheit,

das er bei vns recht wone.


24.

Wer nun selig werden wil

mus von den drei personen

In Got zwar halten dises zil

vnd diser red gewonen.


25.

Zvr seligkeit noch weiter ist

not dz man glaub standhafftig

Das vnser Herre Jesus Christ

ein mensch auch sei warhafftig.


26.

So ist der rechte glaub nun der,

das du glaubst vnd bekenst

Das Jesus Christus, vnser Herr,

Gots Son, ist Got vnd mensch.


27.

Aus Vatters natur ist er pur

Got vor der welt geboren,

Aber aus der Muter natur

mensch in der welt erboren.


28.

Ein volkommener Got on fehl,

volkomner mensch vom weibe,

Mit einer vernünfftigen sel

vnd eim menschlichen leibe.


29.

Dem vatter nach der Gotheit gleich,

nach d' Menscheit kleiner,

Vnd wiewol GOT, Mensch zugleich,

doch nicht zwen, sonder einer.


30.

Einer: nit das die Gotheit gar

ind menscheit verwandlet kame,

Sondern das die Gotheit klar

die menscheit an sich name.


31.

Ja, einer ist er, nur ein Christ,

nit das die zwo Natur

Vermengt seind, sonder das er ist

ein einig person nur.


32.

Dan wie sel vnn leib ein Mensch ist,

wie wols seind vngleich sachen,

Also ist Got vnd Mensch ein Christ,

die nicht zwen Christus machen.[814]


33.

Welcher vmm vnser seligkeit

starb vnd fuhr zu d' Höllen,

Am dritten tag mit herligkeit

auffstund von Todtes quelen.


34.

Ja fuhr gen Himel auff darnoch,

sitzet zur Gottes rechte

Des allmächtigen Vatters hoch,

da er vertrit vns knechte.


35.

Von dannen er auch kommen wird,

das jüngst gericht zu treiben:

Als dan müssen all Menschen fürt

erstehn mit eignē leiben,


36.

Vnd müsen geben Rechenschafft

was sie haben gethan,

Dan werden die guts haben gschafft

ins ewig leben gahn,


37.

Die aber bös, ins ewig feur:

secht, der glaub ist recht Christlich,

Wer den nicht fest glaubt vnd hält theur,

der wird nicht selig gwislich.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Leipzig 1874, S. 813-815.
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