Acht und dreißigster Brief
Olivier an Reinhold

[129] Wäre ich nur in dem Gewühle des Krieges geblieben. Hätte irgend ein feindlicher Säbel, eine wohlthätige Kugel sich meiner erbarmt; dann wäre ich jetzt im Frieden. – Doch wer weiß – Wahrhaftig! man könnte versucht werden schon hier an eine Vergeltung zu glauben. Wie oft hat mich die Eifersucht der Weiber amüsirt – und jetzt! – Der König hat sie gesehen – und in meinem Herzen ist die Hölle mit allen ihren Quaalen.[129]

Ob ich für sie fürchte? O denke es nicht! Es ist Lästerung. Nein sie ist und wird ewig bleiben was sie war. Aber er sieht sie, er untersteht sich ihre Hand zu berühren. Begreifst Du, was ich leide? – Ob ich ihrer denn würdiger bin? Das sage ich nicht! Keiner ist ihrer würdig. Aber er – er mag es wagen einen seiner Gedanken laut werden zu lassen.

Sonderbar müssen wir uns neben einander ausnehmen. Er schmeichelt mir, und ich, natürlicher Weise, bin gezwungen ihn zu schonen. Aber unsre Blicke mögen einen schönen Kommentar abgeben. – Weswegen er mit seinem Auftrage noch nicht hervorrückt? ist[130] mir unbegreiflich. Ich warte darauf, um das Entscheidende zu wagen.

Sieh! was hat nun all Eure Vorsicht geholfen? – Das Schicksal führt uns trotz Euch wieder zusammen. Ohnfehlbar habt Ihr statt zu verbessern verschlimmert. Wahrlich! Ihr mögtet was darum geben, daß alles im vorigen Gleise noch fortschlenderte. Dann wüßte ich noch nicht, was es heißt, ohne sie zu leben. Dann wäre vielleicht eine sanfte allmählige Trennung noch möglich. Jetzt ist es Raserey daran zu denken. Sie oder den Tod. Darauf könnt Ihr Euch verlassen.[131]

Quelle:
Karoline Auguste Ferdinandine Fischer: Die Honigmonathe, Band 1, Posen und Leipzig 1802, S. 129-132.
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