Dreizehntes Kapitel.

[83] Der Tag brach an; die Gräfin erwachte. Man urtheile von ihrem Entsetzen, als sie den Offizier neben sich sahe. Zum Glück schlief er fest, und sie entschloß sich kurz. Aus dem Bette springen, das Zimmer verlassen, war im Augenblicke geschehen.

Sie trat in das Ihrige. Ihr Gemahl hatte so eben das Kammermädchen erkannt. – Eh bien Monsieur! sagte sie lächelnd: comment avez vous passé la nuit? Der Graf antwortete nichts und küßte ihr die Hand.

Wir müssen bezaubert sein! sagte er endlich, und das Kammermädchen verkroch sich unter die Decke. – Wo haben Sie denn geschlafen, Madam? – Auf einem Stuhle in der Unterstube![83] gab sie erröthend zur Antwort: je suis trop indulgente pour troubler vos plaisirs.

Ihre eigenes Abentheuer machten sie nachsichtig. – Allons Lisette! fuhr sie fort, als sie die Angst des armen Mädchens bemerkte: lever vous, et bouche otose! indem sie ihr mit dem Finger drohte.

Lisette gieng fort, aber ihre Stube war verschlossen. Ihr Geräusch machte die Schlafenden aufmerksam, denn die Thüre gieng bald nachher auf. Sie drehte sich um, und die Wirthin sprang schnell über den Gang; gleich darauf kam auch Pleßy. Sie thaten nicht, als ob sie sich sahen, aber sie mußten beide lachen.

Die Gräfin hütete sich wohl, ihren Ohrring zurück zu fordern, und fand bald Gelegenheit, den zweiten dazu zu geben. Der Graf ließ seinen Mantel mit Freuden im Stiche, und nahm seine Prügel geduldig hin.

Die Nacht hatte alles in's Gleiche gebracht. Er war bestraft, wodurch er gesündigt hatte. Zwei Ehemänner hatten doppelte Kronen empfangen; drei arme Täubchen waren erquickt worden, und drei Tauber hatten ihre Lust gebüßt. Laßt es nur gut sein, lieber Leser! Das Schicksal weiß alles in's Gleiche zu bringen.

Quelle:
Christian Althing: Dosenstücke, Rom; Paris; London [o.J.], S. 83-84.
Lizenz:
Kategorien: