Siebzehntes Capitel.

Das Soupé.

[177] Der Junker war auf einen Ball gegangen, und ich saß bey meinen Büchern. Man klopft an die Thüre – »Herein!« – Es war niemand als Mamsell Julchen.

»Was bringen Sie mir denn Gutes?« – sagte ich verwundert.

»Ich wollte nur fragen, ob Sie ein Liebhaber von Vögeln wären, mein liebes Gustelchen?« –

»O ja! Gar stark! – Ich esse sie für mein Leben gern!« –

»Nun so geben Sie mir die Ehre, und kommen Sie ein bischen hinter. Ich habe[178] ein ganzes Dutzend Drosseln geschenkt bekommen. – Ein bischen Aepfelmuß dazu! Nicht wahr?« –

Meine Leckerhaftigkeit ließ sich nicht lange bitten. – »Gut! Liebe Mamsell Julchen! – – ich komme den Augenblick; ich will nur« –

»Nun so kommen Sie hübsch, ich will gleich Anstalt machen.« – Sie war äußerst vergnügt, und ich nahm meinen Leuchter und folgte ihr.

»Haben Sie nur einen kleinen Augenblick Geduld« – indem sie die Tiegel an ihrem Camin in Ordnung brachte. – »Ich will sie nur ein bischen aufbra ten. – Aber lassen Sie mich gehen, Sie kleiner Schelm, und kützeln Sie mich nicht.« – Es war mir nicht eingefallen. – »Nein! Nein!« – sagte ich – »seyn Sie unbesorgt bey ihren Vögeln, ich will Sie gar nicht stören!« –[179]

Sie war indessen äußerst geschäftig, und in kurzem stand alles auf dem Tische. –

»Ih Mamsell Julchen! Sie traktiren mich ja heute ganz entsetzlich!« – denn sie hatte noch Sardellen, Kuchen und dergleichen aufgesetzt.

»Darum ist auch mein Geburtstag heute!«

»Ihr Geburtstag? Ey da gratulire ich ganz gehorsamst! – Wie alt werden Sie denn?« –

Eine dümmere Frage hatte ich nicht thun können, aber ich wußte noch nicht, daß alte Jungfern mit jedem Jahre jünger werden.

»Fünf und zwanzig Jahr, mein liebes Gustelchen – aber kommen Sie, und essen Sie!« – indem sie das Gespräch zu wenden suchte.

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 177-180.
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