Neunzehntes Capitel.

Macht auf!

[184] Ich wußte nicht, was ich anfangen sollte. – »Steckts Ihnen denn im Halse?« – fragte ich ängstlich.

»Freylich! – Sehn Sie nur, ob Sie's vollends hinunter stoßen können!«

»Aber du lieber Gott! wie denn?« –

»Ach Herr Jesus! – Haben Sie denn kein Instrumentchen bey sich? – Ach, ich ersticke! – Um Gotteswillen, machen Sie mir Luft! – Die Kleider! – Reissen Sie! – Ach!« –[184]

»Warten Sie! Warten Sie!« – sagte ich freudig – »Jetzt besinne ich mich. Ich will einen langen Draht mit einem Stöpsel nehmen!« –

»Ach Gott! wenn er nur lang und dick genug ist!« – Doch als ich ihn kaum hineingesteckt hatte, that sie auf einmal einen Seufzer. – »Ach Herr Jesus! er ist hinunter!« –

»Nun Gott sey ewig Lob und Dank! Was haben Sie mir für einen Schreck gemacht! Nun trinken Sie nur einen Schluck Wasser nach« –

»Seyn Sie viel tausendmal bedankt! – Ohne Sie wäre ich gestorben.« – Sie reichte mir die Hand, und drückte mich an sich. –

»Das muß vermuthlich von einem Hähnchen gewesen seyn,« – sagte ich – »weil sich's so gestemmt hat.« –[185]

»Aber ich bin so matt!« – fuhr sie fort –

»Sie haben sich auch recht abgeäschert!«

»Ach ich dachte immer, es sollte mein letztes seyn!«

»Mir war auch nicht wohl zu Muthe, das können Sie glauben!« –

»Aber wie er auch herunter war« –

»Ja der Draht mit dem Stöpsel ist das beste Mittel. Mein Vater hat es meiner Mutter auch einmal so gemacht, als sie eine Gräte heruntergeschluckt hatte.«

Wir wollten unser Gespräch fortsetzen, als auf einmal an der Thüre ein großer Lärmen entstand. – »Herr Jesus! – Was ist denn das?« – sagte Mamsell Julchen. – Macht auf! rief es draußen; ins drey Teufels Namen! Macht auf!

»Sehen Sie doch, liebes Gustelchen! Um Gotteswillen stehen Sie mir bey!« – Sie[186] sprang aus dem Bette, und ich schloß die Thüre auf.

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 184-187.
Lizenz:
Kategorien: