Achtzehntes Capitel.

Das Abentheuer.

[45] In dem Augenblicke öffnete sich die Thüre, und zu meinem Entsetzen traten vier Männer mit Flinten und Laternen herein.

Wie vom Schlage gerührt, zog ich die Bettdecke über mich her, und wagte kaum Athem zu holen. – »He holla!« – schrien[45] sie und schüttelten Andres beym Arme. – Er erwachte und warf die Bettdecke so heftig ab, daß ich sie nicht erhalten konnte. – Die Männer leuchteten uns beyden ins Gesicht. – »Hab' ich's nicht gesagt?« – rief der eine – und der Angstschweiß lief mir über die Backen. – »Ja, der wird hier sitzen!« – Jetzt ermunterte sich Andres und fing ein Gespräch an. Wenig Worte reichten hin, mir meine Furcht zu benehmen; denn es waren die Dorfwächter, die einen Deserteur suchten.

Andres schlief sogleich wieder ein, ich aber befand mich in einer neuen Verlegenheit. Die Furcht äußerte nämlich ihre gewöhnliche Wirkung, und zwang mich das Bette zu verlassen. Ich tappte mich glücklich zur Thüre hinaus, fand die Expedition richtig und kehrte halb schlafend wieder zurück.

Als ich an das Bette kam, war ich verwundert, es leer zu finden. Wo konnte Andres[46] den Augenblick hin seyn? – Ich war indessen zu schläfrig, nur lange darüber nachzudenken, legte mich ohne Umstände hinein, und war im Augenblicke eingeschlafen.

Eine gute Stunde mochte ich so gelegen haben, als ich auf einmal ein glühendes Gesicht auf dem meinigen fühlte. Ich erwachte und faßte eine harte Hand, die an meinen Beinkleidern hinabglitt. – »Pfuy doch, Andres!« – wollt ich sagen – aber zwey herzhafte Küsse verhinderten mich daran.

Quelle:
Christian Althing: Hannchens Hin- und Herzüge nebst der Geschichte dreyer Hochzeitsnächte. Leipzig 21807, S. 45-47.
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