15. [Die Sonne sinkt mit rotem Flackern]

[52] Die Sonne sinkt mit rotem Flackern,

trübdumpfer Nebel kriecht heran ...

Umsonst ach! such ich mich zu halten,

ein immer frostiger Erkalten

schlägt winterschauernd mich in Bann.


Ich plünderte den ganzen Garten,

in sommerschönster Köstlichkeit,

mit Fliederblust und Rosenkränzen

die frühen Gräber zu umlenzen,

die dir das Leben tat zu leid!


Ich plünderte den ganzen Garten,

um ihn dir auf den Weg zu streun ...

Ich tat es nicht um Dankes willen,

nur: einen eigenen Wunsch zu stillen,

ich wollte nur, du solltest dich freun.


Du einmal solltest alles haben,

was es auf Erden Schönes gibt

und wonach andere, leidgetroffen,[53]

das ganze Leben oft verhoffen,

einsam, glücklos, ungeliebt.


Doch nun ich selber nichts mehr habe,

wirfst du's mir vor mit kühlem Spott

und wendest ab dich, um zu gehen,

und läßt in meinem Herbst mich stehen,

beraubt, verwelkt und ohne Gott ...


Die Sonne sinkt mit rotem Flackern,

trübdumpfer Nebel kriecht heran ...

Was bin ich noch?! verquält, verkümmert

und von Enttäuschungen umtrümmert,

ein freudeloser, müder Mann!

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 2: Aus den Lehr- und Wanderjahren des Lebens. Stuttgart 1921, S. 52-54.
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