Ganz still einmal ...

[29] Ganz still einmal im Grünen liegen dürfen ... zu einem sommerblauen Himmel sehn, mit weißen Wolken ... und auf das Zwitschern in den Wipfeln hören ... auf das Geriesel heimlicher Quellen ... den Duft der Luft einschlürfen und des blühenden Laubes, die selige Ruhe rings des vollen, reifen Lebens ... ganz still, und nicht zu denken haben an all die hundert nichtigen Notwendigkeiten, die so und so viel Sorglichkeit und Müh erfordern, und nur: damit das Pendelwerk des Tags nicht stehen bleibt ...

ganz still einmal im Grünen liegen können

und alles

vergessen dürfen, was man soll und muß ... und will! für andere und für sich! und will und soll und muß!

und seine Träume[30]

gleich Schmetterlingen gaukeln lassen,

sonnenselig,

von Rosenstrauch zu Rosenstrauch, mit schimmernden Flügeln, das flimmernde Tal hin, über goldene Felder und wallende Flüsse zu duftverlorenen fernen Höhn und weiter, tief und immer tiefer, ins uferlose Blau des Himmels ... sonnenselig ...

ganz still einmal so liegen können

und ohne daß

auch diesem Tag dann wieder vom Kirchturm drüben eine Glocke klingt

und ohne daß

auch dieser Tag dann wieder im Grau der Abenddämmerung untersinkt!

Quelle:
Cäsar Flaischlen: Gesammelte Dichtungen. Band 1: Von Alltag und Sonne. Stuttgart 1921, S. 29-31.
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