|
[89] »Herluf Trolle fiel. Der Tod trat ihn an,
An Bord, auf der Höhe von Pommern,
Wir hatten keinen beßren Mann,
Keinen Tapferern, keinen Frommern.«
Und am dritten Tage, die Flagge halbmast,
Bei Nestved, an Seelands Küste,
Landeten sie die geliebte Last –
Der Tag ging eben zu Rüste.
Landeten ihren Admiral,
Und in ein Bahrtuch geschlagen,
Haben sie, rastend ein einzig Mal,
Ihn bis Herlufsholm getragen.
Einen Boten sandten sie meldend voraus –
Und als in den Schloßhof sie schritten,
Die Witwe stand vor dem Trauerhaus
In ihrer Frauen Mitten.
Am Eingange stand sie, grüßte den Zug,
Aufrecht und ungebrochen.
Und der Erste (der das Bahrtuch trug)
Trat vor und hat gesprochen:
»Was geschehen, wir sandten die Meldung dir,
Eh' den Weg wir selber gingen,
Seine Seel' ist frei, seine Hüll' ist hier,
Du weißt, wen wir dir bringen.
An der pommerschen Küste, vor Pudagla-Golm,
Um den schwankenden Sieg uns zu retten,
So fiel er. Nun, Herrin von Herlufsholm,
Sage, wohin wir ihn betten.[89]
Betten wir ihn in den Totensaal
Von Thorslund oder Olafskirche?
Betten wir ihn in Gjeddesdal
Unter der Trauerbirke?
Betten wir ihn in die Kryptkapell'n,
In Roskilde, Leire, Ringstede?
Sage, Herrin, wohin wir ihn stell'n,
Eine Ruhestätt' für ihn hat jede.
Jeder Kirche gab er, um was sie bat,
Altäre, Türme, Glocken,
Und jede, wenn sie hört, ›er naht‹,
Wird in Leide frohlocken.
Eine jede ladet ihn zu sich ein
In ihrer Pfeiler Schatten.«
Da sprach seine Witwe: »Hier soll es sein,
Hier wollen wir ihn bestatten.
Wohl hat er hier keine Kirche gebaut
– Die stand schon hundert Jahre –
Hier aber, als Herluf Trolles Braut
Stand ich mit ihm vorm Altare.
Vor demselben Altar, auf selbem Stein
Steh' er wieder in aller Stille,
Nichts soll dabei gesprochen sein
Als: Herr, es geschehe dein Wille.
Morgen aber, eh' noch der Tag erstand,
In seinen Kirchen allen,
Weit über die See, weit über das Land
Soll'n alle Glocken erschallen.
Und zittert himmelan die Luft,
Als ob Schlachtendonner rolle,
Dann in die Herlufsholmer Gruft
Senken wir Herluf Trolle.«[90]
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1898)
|
Buchempfehlung
Ein reicher Mann aus Haßlau hat sein verklausuliertes Testament mit aberwitzigen Auflagen für die Erben versehen. Mindestens eine Träne muss dem Verstorbenen nachgeweint werden, gemeinsame Wohnung soll bezogen werden und so unterschiedliche Berufe wie der des Klavierstimmers, Gärtner und Pfarrers müssen erfolgreich ausgeübt werden, bevor die Erben an den begehrten Nachlass kommen.
386 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro