Elise an Sophie

[180] Räumen Sie mir, Beste! ein Winkelchen in Ihrer Wohnung ein. Lassen Sie mich verborgen,[180] heimlich, vor aller Welt versteckt, da leben, bis es aus ist mit dem Leben, bis Alles vorbei, oder Alles groß und frei wieder geboren ist. Hier kann ich nicht länger bleiben! Auch allein kann ich mich nicht ertragen!

Ich schreibe Ihnen nur dies, und daß ich komme! Die Tante! – Curd! – Werden Sie es glauben? Aber hiervon mündlich, es ist gerade so viel, um das Maß voll und die Pflegerin unerträglich zu machen.

Doch Hugo! Hugo! Ich lese den tiefen, versteckten Argwohn in seiner Seele. – Er fürchtet –! Kann er glauben, daß ich ihn, wie unsere Bestimmung, so verkenne! – Nein, hiervon kein Gedanke in meiner Seele. Und wenn auch er – es bliebe doch unmöglich!

Hält er mich eines Kunstgriffs fähig, um ihm eine Erklärung abzugewinnen? – Gott! mein Gott! so niedrig denkt er von mir!

Wenn ich es einrichten kann, bin ich in spätestens vierzehn Tagen bei Ihnen. Bis dahin – bis dahin? – Was das für Worte sind! was da eine Zeit, mit allen ihren Bedingungen darin liegt! Ich fürchte jetzt Augenblicke. Ein Jeder dehnt sich, und wird an Gewicht inhaltschwerer![181] Und dann, das dahin! wie doppelsinnig! es zeigt vor und zurück!

Ja wohl, dahin! dahin!

Quelle:
Caroline de la Motte Fouqué: Resignation. Theil 1–2, Teil 2, Frankfurt a.M. 1829, S. 180-182.
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